Das «Benediktus», der Lobgesang des Zacharias an Anfang des Lukasevangeliums, ist das älteste Weihnachtslied. Es singt von Gott, der uns einen Retter und «Licht aus der Höhe» gesandt hat. Und es verheisst uns, dass es uns geschenkt und zugemutet ist, «furchtlos» zu leben. Nach dem schwierigen Jahr 2018 kommt dieser Impuls gerade rechtzeitig.
Passiert etwas Wichtiges oder Schlimmes, ist meine erste Reaktion fast immer «Dazu darf man nicht schweigen!», denn «Es muss nun etwas gesagt werden». Aber nicht nur die Bibel, auch die Musik und die Poesie machen darauf aufmerksam, dass das Hören mindestens genau so wichtig ist: «In der Schule des Hörens lauert die Erkenntnis». Das gilt auch mit Blick auf den Austritt von sechs feministischen Katholikinnen aus der Kirche. Nur, wenn die Kirche bereit ist, «zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt», kann sie aus diesem und anderen Krisensymptomen lernen. Reagieren und dann zur Tagesordnung übergehen wird dem nicht gerecht.
Die Heiligsprechung von Oscar Romero und Papst Paul VI. ist ein Anlass, über die Frage nachzudenken, woran wir «Kirchenreform» messen. Im Licht der Aussage von Papst Franziskus, dass «nicht alles, was eine Heiliger sagt, dem Evangelium vollkommen treu» sei, bleibt es allerdings gleichzeitig erlaubt, sie nicht nur anzurufen, sondern auch kritisch anzufragen, ohne damit ihre Heiligkeit in Frage zu stellen.
Die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate haben zur Folge, dass wieder mehr von «Kirchenkrise» die Rede ist. Die Überwindung der Krise vom Papst allein zu erwarten, ist unzulässig - wichtig wäre eine breitere Abstützung von Leitungsverantwortung, Personalentscheiden und Finanzkompetenz. Das Schweizer System kann inspirierend wirken - allerdings nur, wenn es auch selbst gut gepflegt wird.
Einmal mehr sorgt das Thema «Kirche und Politik» in der Schweiz für Diskussionen. Während hierzulande das Bestreben gross ist, Religion und Politik säuberlich auseinanderzuhalten und gegenüber explizit christlich motivierten Positionsbezügen viel Zurückhaltung spürbar ist, plädiert Papst Franziskus dafür, konkret zu werden und fordert auch die «Hirten» auf, sich für eine bessere Welt einzusetzen.
Für den Pastoraltheologen Rainer Bucher bedeutet «Mission», «unsere Botschaft den anderen auszusetzen und mit ihnen entdecken, was sie für sie und mich selbst bedeutet». Diese Definition konfrontiert mit der Frage, was denn «unsere Botschaft» ist. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen würde ich die das Gespräch mit der Bibel ins Zentrum einer missionarischen Pastoral stellen.
Die gleichzeitige Lektüre von zwei grundverschiedenen Bücher werfen fundamentale Fragen auf, was es heisst, in unserer Zeit als glaubender Mensch zu leben und Zeugnis für das Evangelium abzulegen.
Die Weihnachtsansprache von Papst Franziskus thematisierte einmal mehr die Auseinandersetzungen um die Kurienreform. Indirekt stellte sie damit auch die Frage, was "Papsttreue" heisst: Kindlicher Gehorsam? Loyalität bekunden, mit dem was passt, und zum Rest schweigen? Erwachsen zuhören und Herausforderungen ernst nehmen? Dass es sich lohnen kann, bis zum Ende zuzuhören, zeigt die Schlusspassage. Die päpstliche Aussage, dass ein Glaube, der uns nicht erschüttert, müsse werden müsse, kann Freunden wie Kritikern des Papstes zu denken geben.
"Sich einem grösseren Ganzen anvertrauen - seine Kleinheit erleben - sich dabei gleichwohl aufgehoben fühlen" - Mit diesem Dreiklang beschreibt Regierungsrätin Jacqueline Fehr den Sinn des Betens und des Bettags. Das sind Erfahrungen, die auch "religiös Unmusikalischen" zugänglich und gerade heute von hoher Aktualität sind.
Früher hielt ich den Bettag für einen eher langweiligen Feiertag. Ein Buchprojekt wurde zur Entdeckungsreise. Aber trotz zahlreicher spannender Beiträge bleiben Lücken. Fazit: Der Bettag ist interessanter und lebendiger als sein Ruf, gerade in Zeiten religiöser Vielfalt und einer oft kritischen Sicht auf die Auswirkungen von Religion auf Mensch und Gesellschaft.
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