Walter Ludin

Wie demokratisch ist Israel?

Welche «Israel-Versteher» verteidigen die israelischen Schikanen gegenüber den Palästinensern während der Coronazeit, wie der Jerusalemer Missio-Direktor Joseph Hazboun sie beschrieben hat:
«Während des COVID19-Notstands in Israel und Palästina kam es zu einer erschreckenden Reihe von Übergriffen. Die israelische Polizei und die israelischen Streitkräfte missbrauchten die Covid19-Vorschriften immer wieder, um willkürliche Verhaftungen vorzunehmen und Palästinenser zu schikanieren oder zu verhaften. Palästinensische Arbeiter in Israel, die sich mit COVID19 angesteckt hatten, wurden ohne medizinische Hilfe ins Westjordanland zurückgeschickt.» Dort waren die medizinischen Einrichtungen ohnehin überfordert.

Apartheid?
In meinen Blogunterlagen finde ich einen Text, der zwar bereits 2017 verfasst wurde, aber leider immer noch aktuell ist. Es ist ein Offener Brief von christlichen Organisationen in Palästina, gerichtet an Mitglieder der weltweiten ökumenischen Bewegung.
Die Kirchen werden darin aufgefordert u.a., Israel als Apartheidstaat zu benennen und Position zu beziehen gegen jede christliche Gruppe oder Organisation, welche die Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel rechtfertigen.

Apartheid II
Der Apartheid-Vorwurf wiegt schwer. Doch im Jahr darauf hat kein Geringerer als Alon Liel den Vorwurf wiederholt. Er war ehemaliger Generaldirektor des israelischen Aussenministeriums und anschliessend Botschafter in Südafrika. Liel hatte aus nächster Nähe erfahren, was Apartheid ist und schreibt: «Mit Trauer, Wut und Scham muss ich einräumen, dass in Hebron tatsächlich Apartheid herrscht. Wie anders könnte man die Realität beschreiben, in der ganze Strassenzüge für alle Palästinenser gesperrt sind, in der zweitgrössten Stadt der Westbank?»
Liel stellt sich dann hinter die Auffassung des deutschen Politikers Sigmar Gabriel, der betonte, dass «Apartheid und Demokratie nicht unter einem Dach existieren können.

Demokratie?
Gleicher Meinung ist das unabhängige Hamburger Giga-Institut, eine international anerkannte Forschungsstätte: «Israel kann nicht mehr uneingeschränkt als Demokratie bezeichnet werden.»


PS: Man mag mir den Vorwurf machen, dass ich in meinem Blog einseitig bin. Dass dies kein Nachteil ist, betont mein alter Freund Xaver Pfister. Er ist überzeugt, dass die Parteinahme für eine Seite, die in einem Konflikt «deutlich stärker ist als die andere» sogar eine Voraussetzung für Versöhnung ist. Es lohnt sich, über diese erstaunliche These nachzudenken …

Auf jeden Fall: Ich bleibe dran. Auch wenn hier wieder mal die Antisemitismus-Keule geschwungen werden sollte …

Nachtrag: Von gut unterrichterer Seite werde ich auf folgendes aufmerksam gemacht:

«Würde diesen harten Vergleich nicht wiederholen»: Ex-Außenminister Gabriel würde Israel nicht wieder als «Apartheid-Regime» bezeichnen. Doch er kritisiert den Staat dafür, «katastrophale» Tragödien für Palästinenser zu schaffen.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article175574400/Israel-Politik-Sigmar-Gabriel-bedauert-Apartheid-Vorwurf.html

Bildquellen

  • : Bildrechte beim Autor
Die Mauer, die Israel von Palästina trennt.
31. August 2020 | 08:33
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 2 Min.
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4 Gedanken zu „Wie demokratisch ist Israel?

  • stadler karl sagt:

    Es geht nicht darum, die Antisemitismus-Keule zu schwingen, Herr Ludin! Es geht lediglich darum, wie weit man sich als Kirchenvertreter und als christlicher Journalist verpflichtet fühlt, in regelmässigen Abständen Kritik am Staat Israel zu üben, was selbstverständlich legitim ist, dabei jedoch das Bemühen nicht beseite zu schieben, die Kritik in einen ausgewogenen Kontext einzubetten. Doch offenbar scheint diese Maxime gemäss Ihren Äusserungen, zumindest in Bezug auf den Staat Israel, keine journalistische Geltung zu besitzen! Und solange rgelmässig nur einseitig, verzerrt und teilweise basierend auf unwahren Sachvehalten der Staat Israel kritisiert wird, grenzt das für mich ganz klar an antisemitische Tendenzen, vorliegend kirchlich-linker Provenienz!
    Was die Apartheit in Hebron anbelangt, will ich mich nicht weiter äussern. Aber verwiesen sei auf einen Medienbeitrag, erschienen in The Jerusalem Post am 9. März 2011. Da sieht es halt schon ein wenig anders aus. Habe den Artikel ebenfalls laus alten Unterlagen gezogen. Und zum Verhalten Israels während der Corona-Zeit der ersten Welle: Immerhin waren selbst die Vereinten Nationen, mit all ihren Feinden Israels, begeistert über Isarels Verhalten und die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen Israel und den Palästinensern. Doch die Palästineserführung konnte es dennoch nicht lassen, weiterhin Verleumdungen über Israel selbst während dieser Zeit zu verbreiten! Die palästinensische Regierungspartei Fatah verbreitete auf Facebook Verleumdungen gegen Israel des Inhalts, Isarel führe einen “biologischen Krieg gegen die Palästinenser” und schmuggle infizierte Arbeiter in die Autonomiegebiete zurück, gar durch Tunnels und Abwasserkanäle.
    Es ist für mich einfach immer wieder erstaunlich, und zwar trotz der Gerechtigkeitsdefizite, die teilweise im Verhältnis Israel – Palsätina anzutreffen sind: Da schwört ein verbrecherisches schiitisches Regime praktisch wöchentlich auf die Vernichtung des Staats Israel und unternimmt alles, auch militärisch, den Frieden zwischen Palästinenser und Israel zu verhindern; da unternehmen die Hamas, die Hisbollah und auch die Autonomieregirueng alles mögliche, um ja keine echte Friedenschance zwischen Palästina und Israel aufkommen zu lassen, wohl wissend, dass ihre politischen Tage gezählt wären; da wird das Nachbarland Libanon mittels Korruptiopn und Gewalt in Grund und Boden gewirtschaftet; da wird Syrien radikal zusammengebombt und die Flüchtlinge nach Europa gedrängt (nicht etwa nach Russland oder Iran); da beschwört die türkische AKP, die dortige Regierungspartei, bei Gelegenheit immer wieder den Tod des israelischen Staates und die Befreiung Jersalems; da hocken im UNO-Menschensrechtsrat immer wieder Regime, die gewalttätiger nicht sein könnten, was zur Folge hat, dass seit Bestehen dieses Gremiums mehr als 50% der Verurteilungen wegen Menschenrechtsverletzungen den Staat Israel treffen (Man stelle sich dies einmal vor!); China sperrt eine Million islamische Uiguren in Konzentrationslager und walzt die Demokratiebewegung in Hong-Kong nieder in guter alter Tradition; Lukaschenko ist daran, mit Hilfe Putins das eigenen Volk in den Boden zu stampfen usw. usw.: Und was ist einmal mehr die Hauptsorge von kirchlichen Vertretern auf kath.ch: Ob der Staat Israel ein ideales demokratisches System sei!?

    • Es ergibt sicher die Gelegenheit, in meinen “angedrohten” spätern Bloggs auf die Argumente einzugehen. Heute nur dies: Ist es nicht seltsam, dass jeder meiner beiden Kontrohenten mehr Worte brauchen als ich in meinem Blog? Offenbar müssen sie die Sache “zerreden”. Und auch: Wer so mitteilungsbedürftig ist, darf jederzeit einen eigenen Blog eröffnen. Ich würde ihn anschauen…..

  • stadler karl sagt:

    Selbst in meinem nächsten Umfeld denkt man mehrheitlich ähnlich wie Sie. Israel sollte sich immer in besonderer Weise für seine Handlungsweisen rechtfertigen müssen. Und Beweislastverteilungen in Urteilen fallen regelmässig zulasten Israels aus, selbst wenn seine Feinde noch so hasserfüllten Unsinn verbreiten.
    Die stetigen, subtilen Kampagnen haben in all den Jahrzehnten ihre Früchte getragen. Und Kirchen, NGOs, auch christlicher Prägungen, sind da teilweise nicht unbeteiligt. Und neben diesen Strömungen kommt zu den bisherigen Antisemitismen rechter wie linker Ausformung im Zuge verstärkter Migration noch der islamistische hinzu.
    Es geht keineswegs allein und ausschliesslsich, nicht einmal in erster Linie, um einen Konflikt zwischen Schwachen und Starken, zwischen fortschreitenden Israelis und stagnierenden Palästinensern. Letztlich geht es um nichts weniger als um das Existenzrecht des Staates Israel , um einen sicheren Rückzugsort jüdischen Lebens und Kultur, angesichts der Verfolgungen, Pogrome und Vernichtungen während Jahrtausenden und des erneut erstarkenden Antisemitismus auch im aufgklärten, friedliebenden Europa.
    Je länger je mehr will sich in einem die Überzeugung verfestigen, dass Kirchen, Religionen und viele anderweitige Bewegungen wahrscheinlich nicht ausreichend in der Lage sind, den Menschen im Hinblick auf konfliktbehaftete, komplexe Fragestellungen verlässliche Orientierung zu bieten. Zumindest erlebe ich das bei mir persönlich so.
    Ratzinger hätte sich in seiner damaligen Regensburger Vorlesung , auch wenn er den Byzantiner Palaiologos entgegen der grossen Protestwelle sehr wohl korrekt zitierte, ebenso gut fragen können, was denn der Nazarener letztlich Neues in die Welt geracht hat, das die Welt wirklich weniger spalten und sie friedliebender werden lassen könnte?

  • Michael Bamberger sagt:

    Es ist immer wieder tragisch, wenn Mitglieder jener Organisation, die quer durch die Jahrhunderte so unermesslich viel jüdisches Blut an ihren Fingern kleben hat, derart grotesk daherkommen. Warum nehmen sich ehrliche Kleriker dieser Organisation nicht die Mühe, zur Quelle des Antijudaismus vorzudringen, nämlich zum NT, um den dort vorgebrachten Ungeheuerlichkeiten unmissverständlich zu entsagen und mit Nachdruck publik entgegenzuwirken, anstatt sich mit immer wiederkehrenden Lippenbekenntnissen (z.B. “ältere Brüder?!?) davonzuschleichen?

    Ein paar Beispiele des Antijudaismus im NT unter vielen:

    „Die aber, für die das Reich bestimmt war (die Juden), werden hinausgeworfen in die äusserste Finsternis; dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.“ (Mt 8,12)

    „Ihr habt den Teufel zum Vater und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt. Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit; denn es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge.“ (Joh 8, 44)

    „Mit noch vielen anderen Worten beschwor und ermahnte er sie: Lasst euch retten aus diesem verderbten Geschlecht!“ (Apg 2,40)

    „Not und Bedrängnis wird jeden Menschen treffen, der das Böse tut, zuerst den Juden, aber ebenso den Griechen.“ (Röm 2,9)

    „Denn, Brüder, ihr seid den Gemeinden Gottes in Judäa gleich geworden, die sich zu Christus Jesus bekennen. Ihr habt von euren Mitbürgern das Gleiche erlitten wie jene von den Juden. Diese haben sogar Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet; auch uns haben sie verfolgt. Sie missfallen Gott und sind Feinde aller Menschen; sie hindern uns daran, den Heiden das Evangelium zu verkünden und ihnen so das Heil zu bringen. Dadurch machen sie unablässig das Mass ihrer Sünden voll. Aber der ganze Zorn ist schon über sie gekommen.“ (1. Thess 2,14-16)

    “Denn es gibt viele Ungehorsame, Schwätzer und die sich nicht fügen wollen, besonders die aus der Beschneidung. Ihnen muss man den Mund stopfen, denn aus übler Gewinnsucht zerstören sie ganze Familien mit ihren falschen Lehren.” (Titus 1,10-12)

    Dazu Wikipedia: “Als „Antijudaismus“ wird Judenfeindschaft bezeichnet, die sich auf die jüdische Religion bezieht, durch spezifische christliche Theologie begründet wird und sich oft auf antijüdisch ausgelegte Stellen des Neuen Testaments beruft. Hauptbedingung dafür war die christliche Mission unter Nichtjuden, so dass eine Mehrheit von Heidenchristen das überwiegend judenchristliche Urchristentum ablöste. Die Substitutionstheologie behauptete seit dem 2. Jahrhundert, Gott habe die Erwählung der Juden zum Volk Gottes aufgrund ihrer Ablehnung der Messianität Jesu Christi gekündigt und das Judentum bleibend verflucht, so dass Juden das Heil nur durch die christliche Taufe, also den Übertritt in die nunmehr erwählte Kirche erlangen könnten.”

  • Martin Burkart sagt:

    Als Christ, Theologe und Priester kann ich nur mit purem Entsetzen auf dieses Israel-Bashing von Walter Ludin reagieren.
    “Wie demokratisch ist Israel?” fragen Sie. Ein Blick auf sämtliche ( sämtliche!) arabisch-islamische Nachbarstaaten Israels gibt die Antwort. Israel ist der einzige Staat im Nahen Osten, der die Bezeichnung Demokratie und Rechtsstaat verdient – auch wenn dort, ebenso wenig wie bei uns, alles hundertprozentig korrekt verläuft.

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