Gnadenbild von Mariastein während der Coroanzeit in der Kirche. © Stefan Rüde
Walter Ludin

Starke Maria – starke Kirchenfrauen

Predigt in Ennetmoos NW

Das Marienfest vom 15. August wird in gewissen Gegenden der «Grosse Frauentag» genannt. Ein sehr schöner Ausdruck! Er drückt unübersehbar die Wertschätzung Marias aus: Maria ist die grosse Frau, die von Gott auserwählt wurde, Mutter Jesu zu sein.

Und: Sie ist eine mutige Frau, die Ja sagte zu Gottes Plänen, auch wenn sie die eigenen Pläne durchkreuzt haben.

Der «grosse Frauentag» drückt somit auch die Wertschätzung der Frau aus. Kritische Stimmen werden jetzt einwenden, dass die Kirche, vor allem die Kirchenleitung bis heute Mühe hat, die Würde der Frau anzuerkennen.

Die Kritik ist sicher nicht ganz unbegründet. So habe ich einmal den Spruch geschrieben:

Warum hat ausgerechnet jene Kirche,

die so viele Frauenkirchen hat,

Mühe mit der Frauenkirche?

ist ein Zeichen unserer Zeit, dass immer mehr Frauen sich nicht damit abfinden. Denken wir an die Bewegung Maria 2.0,die im Mai des letzten Jahres in Deutschland entstand. Es ging den Zehntausenden von beteiligten Frauen um die volle Gleichstellung von Frauen und Männern in der Kirche. Der Titel «Maria 2.0» bedeutete, dass man/frau nicht länger mit dem traditionellen Bild der schweigenden, bloss dienenden Mutter Jesu einverstanden sind; sondern wie ich vorhin erwähnte, sie als eigenständigen, mutigen Menschen betrachteten.

Und vielleicht sagt Ihnen der Name Anne Sopa etwas. Seit einigen Wochen will sie Nachfolgerin des Erzbischofs von Lyon werden. Eine unrealistische Forderung? Sicher, aber bloss im Augenblick, wie wir gleich noch sehen werden.

Wir wollen jetzt nicht bloss jammern, sondern die Fortschritte nicht vergessen, die es auch in der katholischen Kirche bezüglich Gleichberechtigung gibt. Nur drei Beispiele:

  • Vor einigen Tagen berief Papst Franziskus nicht weniger als sechs Frauen in den einflussreichen Vatikanrat für wirtschaftliche Fragen.
  • Es ist wenigstens im Bistum Basel völlig normal geworden, dass ein Mann und eine Frau Bistums-Region leiten.
  • Oder ein Beispiel ganz aus örtlicher und zeitlicher Nähe: die Einsetzung von Astrid Elsener als Seelsorgerin hier in dieser Pfarrei. Vor 50 oder auch noch vor 40 Jahren wäre es undenkbar gewesen. Astrid Elsener ist zwar nicht geweihte Priesterin. Aber was nicht ist, kann noch werden …

Nun, da fällt mir eine andere Frau ein: die US-Amerikanerin Barbara Harris, die 1989 zur ersten anglikanischen Bischöfin geweiht wurde. Etwa ein Jahr später sah ich an einer weltweiten ökumenischen Versammlung, dass sie in einem Restaurant am Nebentisch sass. Ich muss gestehen, dass ich feuchte Augen bekam und im Blick auf meine eigene Kirche, die katholische, mich fragte: Wir lange noch müssen wir warten, bis es bei uns so weit ist?

Vielleicht kommt es schneller als die meisten von uns denken. Nochmals ein Beispiel: Es ist noch nicht lange her, da führte 1975 die lutherische Kirche in Deutschland die Weihe von Frauen als Pastorinnen ein. Später gab es als grosse Sensation die ersten Bischöfinnen. Und heute: Es ist ganz normal, dass eine Frau in dieses Amt gewählt wird.

Ich wünsche Frau Elsener nicht unbedingt das schwere Bischofsamt, ganz und gar nicht im schwierigen Bistum Chur. Aber ich wünsche allen Frauen, dass sie ihre Gaben und Fähigkeiten ungehindert in den Dienst der Kirche stellen können. Es sind, wie der Apostel Paulus schreibt, vom Geist Gottes geschenkte Charismen.

Gnadenbild von Mariastein während der Coroanzeit in der Kirche. © Stefan Rüde
17. August 2020 | 10:47
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 2 Min.
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2 Gedanken zu „Starke Maria – starke Kirchenfrauen

  • Michael Bamberger sagt:

    Dass Sie sich für die uneingeschränkte Gleichberechtigung von Mann und Frau innerhalb Ihrer ultrakonservativen Organisation stark machen, ist lobenswert. Dabei wäre es aber sehr hilfreich, den von Ihnen erwähnten Paulus völlig auszuklammern, denn er macht Ihren Bestrebungen einen dicken Strick durch die Rechnung, indem er allen Ernstes behauptet:

    „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern ein Gott des Friedens. Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert. Wenn sie etwas wissen wollen, dann sollen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es gehört sich nicht für eine Frau, vor der Gemeinde zu reden.“ (1. Kor 14,33-35)

    und:

    „Auch sollen die Frauen sich anständig, bescheiden und zurückhaltend kleiden; nicht Haartracht, Gold, Perlen oder kostbare Kleider seien ihr Schmuck, sondern gute Werke; so gehört es sich für Frauen, die gottesfürchtig sein wollen. Eine Frau soll sich still und in aller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten. Denn zuerst wurde Adam erschaffen, danach Eva. Und nicht Adam wurde verführt, sondern die Frau liess sich verführen und übertrat das Gebot. Sie wird aber dadurch gerettet werden, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie in Glaube, Liebe und Heiligkeit ein besonnenes Leben führt.“ (1. Tim 2,9-15)

  • Renata Maria Jeker Huser sagt:

    Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht werden wir tatsächlich noch überrascht von den Führenden in dieser Institution. Vielleicht…

    Wenn ich aber mitanschaue, wie die Neuerungsbestrebungen seit dem 2. Vatikanum sukzessive zurückgestellt werden und gerade in Sachen Gleichberechtigung (auch von Gläubigem Volk und Klerus) das Rad zurückgedreht wird, so überkommt mich hier berechtigter Zweifel. Und wenn ich zudem am eigenen Leib erfahren muss, dass ich von Vertretern eines solchen vorkonziliären Gedankengutes als Mitarbeiterin bloss aufgrund meines Geschlechts zurückgestuft werde und das immer noch bestehende Machtgefälle ausgenutzt wird, so schwindet bei mir der letzte Silberstreif am Horizont. Und dabei bin ich noch nicht einmal Theologin…
    Ich bin nach dem 2. Vatikanischen Konzil und auch nach 1971 (Frauenstimmrecht in der Schweiz) geboren. Ich bin also mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, dass ich als Frau meine politischen Rechte wahrnehmen kann und darf. Seltsamerweise hat sich in Sachen kirchliche Rechte in dem Bistum, in dem ich lebe in den letzten 50 Jahren nicht wirklich viel getan.

    Es braucht übrigens meiner Ansicht nach keine “Frauenkirche”. Kirche ist die lebendige Gemeinschaft der Glaubenden und das schliesst alle mit ein – Frauen und Männer, Jung und Alt, Geweiht und nicht Geweiht. Wir sind inklusiv, nicht exklusiv. Denn exklusiv bedeutet Ausschluss.

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