Starke Maria – starke Kirchenfrauen

Predigt in Ennetmoos NW

Das Marienfest vom 15. August wird in gewissen Gegenden der «Grosse Frauentag» genannt. Ein sehr schöner Ausdruck! Er drückt unübersehbar die Wertschätzung Marias aus: Maria ist die grosse Frau, die von Gott auserwählt wurde, Mutter Jesu zu sein.

Und: Sie ist eine mutige Frau, die Ja sagte zu Gottes Plänen, auch wenn sie die eigenen Pläne durchkreuzt haben.

Der «grosse Frauentag» drückt somit auch die Wertschätzung der Frau aus. Kritische Stimmen werden jetzt einwenden, dass die Kirche, vor allem die Kirchenleitung bis heute Mühe hat, die Würde der Frau anzuerkennen.

Die Kritik ist sicher nicht ganz unbegründet. So habe ich einmal den Spruch geschrieben:

Warum hat ausgerechnet jene Kirche,

die so viele Frauenkirchen hat,

Mühe mit der Frauenkirche?

ist ein Zeichen unserer Zeit, dass immer mehr Frauen sich nicht damit abfinden. Denken wir an die Bewegung Maria 2.0,die im Mai des letzten Jahres in Deutschland entstand. Es ging den Zehntausenden von beteiligten Frauen um die volle Gleichstellung von Frauen und Männern in der Kirche. Der Titel «Maria 2.0» bedeutete, dass man/frau nicht länger mit dem traditionellen Bild der schweigenden, bloss dienenden Mutter Jesu einverstanden sind; sondern wie ich vorhin erwähnte, sie als eigenständigen, mutigen Menschen betrachteten.

Und vielleicht sagt Ihnen der Name Anne Sopa etwas. Seit einigen Wochen will sie Nachfolgerin des Erzbischofs von Lyon werden. Eine unrealistische Forderung? Sicher, aber bloss im Augenblick, wie wir gleich noch sehen werden.

Wir wollen jetzt nicht bloss jammern, sondern die Fortschritte nicht vergessen, die es auch in der katholischen Kirche bezüglich Gleichberechtigung gibt. Nur drei Beispiele:

Nun, da fällt mir eine andere Frau ein: die US-Amerikanerin Barbara Harris, die 1989 zur ersten anglikanischen Bischöfin geweiht wurde. Etwa ein Jahr später sah ich an einer weltweiten ökumenischen Versammlung, dass sie in einem Restaurant am Nebentisch sass. Ich muss gestehen, dass ich feuchte Augen bekam und im Blick auf meine eigene Kirche, die katholische, mich fragte: Wir lange noch müssen wir warten, bis es bei uns so weit ist?

Vielleicht kommt es schneller als die meisten von uns denken. Nochmals ein Beispiel: Es ist noch nicht lange her, da führte 1975 die lutherische Kirche in Deutschland die Weihe von Frauen als Pastorinnen ein. Später gab es als grosse Sensation die ersten Bischöfinnen. Und heute: Es ist ganz normal, dass eine Frau in dieses Amt gewählt wird.

Ich wünsche Frau Elsener nicht unbedingt das schwere Bischofsamt, ganz und gar nicht im schwierigen Bistum Chur. Aber ich wünsche allen Frauen, dass sie ihre Gaben und Fähigkeiten ungehindert in den Dienst der Kirche stellen können. Es sind, wie der Apostel Paulus schreibt, vom Geist Gottes geschenkte Charismen.

Walter Ludin

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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