Klimajugendliche: Fliegen sie alle? © Walter Ludin
Walter Ludin

Randbemerkungen zur Umwelt

«Klimahysterie»?                                                          

Auch wenn es alles andere als originell ist, ich habs doch getan: Ich habe  ein Stichwort bei Google eingegeben und geschaut, wie viele Links es dazu gibt. Bei «Klimahysterie» sind es über eine halbe Million.

Es überrascht mich nicht. Man kann kaum eine Viertelstunde in einer Runde verbringen und schon wird über das Klima geredet; mit mehr oder weniger Kompetenz. Obwohl ich kein Klimaexperte bin, äussere ich mich hier mit ein paar Randbemerkungen zum Thema. (Immerhin habe ich mich schon seit Jahrzehnten damit befasst. In meinem Privatarchiv stapeln sich kiloweise Artikel – im Büchergestellt  etliche gelesene wichtige Bücher.)

 «Man redet zu viel»

Ein Vorwurf: «Man redet zu viel über das Klima» – dies vor allem wegen den Jugendlichen, die das Thema neu und intensiv aufs Tapet gebracht haben.

Mag sein. Aber was geschähe, wenn man nicht (mehr) darüber redete? Zur Erinnerung: Schon 1972 hat der Club of Rome auf die Grenzen des Wachstums aufmerksam gemacht. (Er hat übrigens inzwischen seinen Sitz nach Winterthur verlegt.) Man sprach darüber – und schwieg darüber. Wenn man die Warnungen ernst genommen hätte, müsse man heute nicht mehr darüber sprechen ….

Warnungen der Kirchenversammlungen (1989, 1990 …)

Ich erinnere mich: An den berühmten Versammlungen Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung der Schöpfung/GFS in Basel, Seoul und anderswo hiess es: Wenn wir jetzt präventiv handeln gegen den Klimawandel, kostet es uns bedeutend weniger, als wenn wir in 30 Jahren die Schäden beheben. Vereinfachend:

Wenn wir jetzt eine notwendige Million nicht ausgeben, kommt es zu Schäden, für deren Behebung wir später zwei  Millionen bezahlen müssen. Inzwischen sind wir so weit.

Ist es schon zu spät?

Ich war geschockt, als ich auf der erwähnten Konferenz von Seoul die Meinung etlicher Fachleute hörte: die Schäden an der Umwelt sehen schon irreparabel. Ich bin nicht Pessimist und teilte dies Meinung nicht. Inzwischen aber muss ich zum Beispiel feststellen, wie viele Arten schon ausgerottet sind. Auch in der Schweiz – wo sogar die Zahl der Spatzen drastisch gesunken ist …..

Fliegende Klimajugend?

Ein Vorwurf, der sicher sehr bald in einer Gesprächsrunde zu hören ist: die Jugendlichen protestieren für «Flugscham» und fliegen trotzdem. Ich behaupte: Dies ist ein Schnellschuss und zeigt eine völlige Ahnungslosigkeit von der Wissenschaft der Statistik.

Auch als Laie kenne ich den Begriff «Schnittmenge»: Man stelle sich zwei Kreise vor: der eine repräsentiert die demonstrierenden Jugendlichen, der andere die fliegenden. Wenn man die Kreise einander annähert, sieht man eine Fläche, die beiden Kreisen gemeinsam ist. Sie zeigt die  Jugendlichen, die demonstrieren und auch fliegen.

Schnittmenge

Der Knackpunkt: wie gross ist die gemeinsame Menge? Man erhält die Antwort nur durch genaue Umfragen. Alles andere ist reinste Vermutung.

Konkreter: Es ist ja höchst unwahrscheinlich, dass die  beiden Kreise deckungsgleich sind, dass also alle Demonstrierenden in die Ferien fliegen. Darum: bitte ein bisschen intellektuelle  Redlichkeit!

Klimawitze

Und als Dessert zwei Klimawitze:

  • Selbst Trump wollte kürzlich zugeben, dass an der Klimaerwärmung doch was dran ist, da haben ihn seine Berater gestoppt und ihm erklärt, dass es Frühling wird.
  • Trump hat ja im Rosengarten des Weissen Hauses bekannt gegeben, dass er das Pariser Klimaabkommen kündigt. Der nächste Präsident wird dann im Seerosenteich des Weissen Hauses verkünden, dass das ein Fehler war.
Klimajugendliche: Fliegen sie alle? © Walter Ludin
20. Januar 2020 | 20:15
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 2 Min.
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2 Gedanken zu „Randbemerkungen zur Umwelt

  • karl stadler sagt:

    Gewiss, der Club of Rome hat sein erstes Memorandum bereits 1972 publiziert. Persönlich bin ich ca. Ende der siebziger Jahre darauf aufmerksam geworden. Aber das ist halt dennoch nur die eine Seite der Medaille. Nehmen wir das Beispiel China: 1972 war immer noch der sozialistische Guru Maodsedong an der Macht, bis 1976, für den damals Teile der 68er-Bewegung schwärmten und unter dessen Herrschaft nicht Millionen, sondern zig-Millionen ins Gras beissen mussten. Der allergrösste Teil der chinesischen Gesellschaft lebte damals in bitterster Armut. Wer vermag sich nicht daran zu erinnern, als Chinas Städte noch mit Heeren von Velofahrern verstopft waren. Deng Xiaoping, der direkte Nachfolger Maos, stellte die Vorausetzungen bereit, um später in ein kapitalistisches System zu wechseln. Innert nur ganz weniger Jahrzehnte stieg China zur grössten Volkswirtschaft auf, und hunderte Millionen von Chinesen gelang der Aufstieg in eine mehr oder weniger wohhabende Mittelklasse, zumindest in Lebensbedingungen, wo sich in materieller Hinsicht anständig leben lässt. Im Grunde schaffte es einen rasanteren Aufstieg als Europa nach dem Krieg mittels des amerikanischen Marshall-Plans. Aber anderseits, das ist die andere Seite, hat allein China den gesamten EU-Raum und die USA an CO2-Ausstoss längst bei weitem überholt. China ist daran, die EU gar beim pro Kopf-Ausstoss einzuholen. Das ist die andere Seite einer solchen Entwicklung. Und dafür hat vorerst auch der Club of Rome keine Patentlösung. Die Technologien für erneuerbare Ernergien jedenfalls waren 1972, und selbst in den 80er Jahren, bei weitem nicht so entwickelt, oder wiesen das heutige Niveau auf. Wasserkraft und Holz waren wahrscheilich damals hierzulande die am meisten verbreitete erneuerbare Energiequellen.
    Natürlich wurde und wird “Wirtschaftswachstum” allzu sehr vergöttert. Aber weltweit betrachtet ist ohne Wirtschaftswachstum auch der Armut nicht nachhaltig beizukommen, auch wenn Wirtschaftswachstum keineswegs automatisch Verminderung von Armut bedeutet. Und mehr Wohlstand bedeutete bis anhin in jeder Kultur mehr Energiehunger, und während einer gewissen Phase auch mehr CO2-Ausstoss. Solche Faktoren sind gewaltige Klimatreiber. Auch riesige Staaten wie Indien ziehen in raschen Schritten nach. Und wer könnte es all diesen Menschen verargen, dass auch sie sich nach ein bisschen mehr Wohlstand sehnen.
    Die Klima-Jugend hat gewiss recht, wenn sie uns Älteren den Marsch bläst. Aber etwas sticht manchnal halt doch in die Augen: Man kommt sich vor wie ein Waisenknabe, wenn man oft hört, wo viele jungen Leute schon überall gewesen sind. Da kommt man in der Regel weder mit dem Zug noch mit dem Auto hin, zumindest nicht in diesen kurzen Zeitabschnitten. Die Fluggesellschaften vermelden von Jahr zu Jahr, trotz der Klima-Debatte, eine erkleckliche Zunahme an Flugbewegungen. Und die Kundschaft rekrutiert sich weiss Gott nicht bloss aus der älteren Generation.
    Oder wenn man sich vor Augen hält, dass der Energieverbrauch weltweit für das Internet um einiges mehr klimarelevante Emissionen verursacht als der gesamte globale Flugverkehr! Und das bloss innerhalb von zwanzig Jahren! Man stelle sich das einmal vor! Es ist leicht vorstellbar, wie der Energiehunger weiltweit auch weiterhin rasant wachsen wird.
    Trump ist aus dem Pariser-Klimaabkommen zwar ausgestiegen, macht sich in Davos gar über die Angst der Klimabewegung lustig und stellt sich gleichzeigt als Heilsbringer dar. Aber wir Europäer sollten uns deswegen keineswegs als bessere Erdenbürger vorkommen als die Amis. Gerade auch in den USA ist in den letzten Jahren der CO2-Ausstoss recht stark abgeflacht. Und gerade auch in der amerkanischen Wirtschaft findet derzeit offenbar ein fundamentales Umdenken statt. Auch dort werden sehr viele Mittel für innovative Anstrengungen im Bereich neuer Technologien für erneuerbare Ennergiegewinnung freigemacht. Und so paradox dies kingen mag: Die USA hinken in diesem Bereich der EU keineswegs hinterher. Ganz ähnliches ist aus China zu vernehmen. Aber all diese Prozesse werden eine gewisse Zeit brauchen, obwohl der Prozess der Klimaerwärmung nicht zuwarten wird.
    Persönlich meine ich, es gibt dennoch berechtigte Hoffnung, dass die Menscheit mit Hilfe von Wissenschaft, Technologie und getragen von venünftiger Verantwortung, diese Herausforderung letztlich bewältigen wird.

  • stadler karl sagt:

    Jamie Margolin, eine jüdische Jugendliche in den USA und Mitbegründerin der Klimabewegung Zero-Hour, im Grunde das Pendant von Greta Thunberg in den USA: “Bei uns ist der Ton der Jungen gegenüber den Älteren entspannter als in Europa, nicht so anklagend und feindselig”.

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