Daniel Kosch

Partei gegen den Populismus

Am Tag nach der Amtseinsetzung von Donald Trump als Präsident der USA erreichte mich folgende Anfrage: «Darf ich mir von Dir etwas wünschen? Einen Blogbeitrag: ob es heute geboten ist, in eine Partei einzutreten. Während der heutigen Tagesschau angesichts der Populisten habe ich mich das gefragt.» Die Frage, welcher Partei denn beizutreten sei, solle unter vier Augen besprochen werden.

Selber aktiv werden

Ich finde die Frage interessant. Erstens, weil sie die Bereitschaft zeigt, selbst etwas gegen den Populismus zu tun, nicht nur darüber zu klagen und die Ursachen zu analysieren. Und zweitens, weil hinter der Frage vielleicht die Vermutung steht, dass mehr ganz konkretes politisches Engagement ein wirksames Mittel gegen den Populismus sein könnte.

 Einfachen Lösungsversprechen misstrauen

Selber habe ich nie einer politischen Partei angehört. Aber ich hatte während vielen Jahren ein politisches Amt inne – und zwar als Vertreter eines kommunalen Elternvereins, der in der siebenköpfigen Behörde damals zuerst zwei, später sogar vier Vertreter hatte. Aufgrund dieser Erfahrung und aufgrund meines Einblicks in die Parteiarbeit von Menschen in meinem Umfeld spricht einiges für die Idee: Konkretes eigenes politisches Engagement schützt davor, an einfache Lösungsversprechen zu glauben. Es macht bewusst, dass jede Entscheidung ihren Preis hat. Der Weg einer Partei oder Gruppierung zu Positionen und Strategien erfordert Dialog, Auseinandersetzungen und Kompromisse.

Der Reduktion von Politik auf ein JA oder NEIN entgehen

Menschen, die das hautnah erfahren haben, sind sich bewusst, dass sowohl «vor» als auch «hinter» einer Abstimmung viel mehr und viel Komplexeres steht, als es die Reduktion auf ein «Ja» oder ein «Nein» an der Urne vermuten lässt. Wer darum weiss, ist weniger anfällig für gefährliche Vereinfachungen, für die Aufteilung von Menschen in «gute» und «böse», für das Schwarz-Weiss-Denken. Und je mehr Menschen sich aktiv politisch engagieren und dieses Engagement nicht auf die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen beschränken, desto lebendiger wird die Demokratie, desto mehr konkrete Erfahrungen fliessen in die Suche nach politischen Lösungen ein.

Auftreten und Eintreten – nicht Austreten

Aus der kirchenpolitischen Debatte kennen viele den Slogan «Auftreten statt Austreten». Statt zu resignieren, sich zurückzuziehen und so den anderen so den Raum zu überlassen, gelte es, Position zu beziehen, Haltung zu zeigen, Widerspruch zu wagen, Freiräume auszuloten, den Trotz und die Hoffnung zu erhalten – und sich nicht der sanften Hoffnungslosigkeit hinzugeben. Angesichts der aktuellen Weltlage ist es gut, wenn gerade Christinnen und Christen diese Haltung nicht auf den Binnenraum der Kirche beschränken, sondern in die Gesellschaft und in die Politik hineintragen. Wer angesichts des grassierenden Populismus resigniert feststellt, Politik sei eben ein «Drecksgeschäft» und «Geld regiere die Welt», überlässt sie genau jenen, die sie so verstehen und betreiben: Mit «alternativen Fakten», Diffamierung Andersartiger oder Andersdenkender und billigen Versprechen statt mit Argumenten im Ringen um tragfähige Lösungen.

Gemeinsam träumen und kämpfen

Der Tendenz zum «Austreten» gilt es in der Politik (wie in der Kirche) allerdings nicht nur das «Auftreten» gegenüberzustellen, sondern das «Eintreten», ganz sicher als mutiges, entschiedenes und öffentliches «Hinstehen» für die eigenen Überzeugungen und Werte. Aber warum nicht auch als «Eintreten» in eine Organisation, mit der man die wesentlichen Überzeugungen teilt und in der sich Menschen mit ähnlichen Überzeugungen zusammentun, um miteinander um Lösungen entwickeln und in die politische Debatte einzubringen? Gut in diesen Kontext passt das Wort des brasilianischen Bischofs Dom Helder Camara: «Wenn eine/r allein träumt, ist das nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.»

 

Populismus | (c) pixabay.com
23. Januar 2017 | 20:55
von Daniel Kosch
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Ein Gedanke zu „Partei gegen den Populismus

  • Franziska Driessen-Reding sagt:

    Ein mutiges, entschiedenes und öffentliches “Hinstehen” für die eigene Überzeugung bringt immer auch Angriffsfläche – und Menschen, die gerne ihr Gegenüber diffamieren oder sogar beschimpfen.
    In unserem Kirchenparlament sind wir da wohl etwas privilegiert. Wie in unserer Kirchenordnung geschrieben steht, wollen wir kirchliches Leben ermöglichen. Ein Glück also, dass der Populismus in unserer Kirchenregierung keine Platform hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst diese HTML-Tags und -Attribute verwenden:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.