Heinz Angehrn

Mit Blick auf den 22.Oktober

Alle vier Jahre äussere ich mich hier im Blog zu den anstehenden Gesamterneuerungswahlen für das Eidgenössische Parlament. Und ich stelle fest, dass ich auch diesmal nicht viel Neues an Argumentation und Grundempfehlung zu bieten habe. Unser Land und seine Organe sind gottseidank so stabil, dass nicht einmal die Trias von Pandemie, Ukrainekrieg und CS-Untergang zu einer wesentlichen Verschiebung der politischen Kraftordnung führen konnte. Mit Blick auf die Prognosen für die kommenden Wahlen in unseren beiden deutschsprachigen Nachbarländern erstaunt wirklich, dass bei uns Verschiebungen von vielleicht 1,5% schon eine wichtige Veränderung darstellen.

Die Botschaft Jesu, wie sie sich im Neuen Testament findet, und die auf ihr aufbauende christliche Soziallehre verpflichten jede/n, der sich zum Thema äussern will, nicht wild zu argumentieren und dem Zeitgeist hinterher zu laufen, sondern die Prinzipien von Gerechtigkeit, Gemeinwohl, Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit als Leitschnur zu benützen.

Und da ergibt sich ein klares Bild: Nebst dem «Spezialfall» der kleinen EVP (die immer wählbar war und ist – bis auf ihre Empfindlichkeiten bei den Themen Ehe für alle und assistierter Suizid auch völlig glaubwürdig) sind fünf unserer sechs grossen Parteien der Mehrheit der genannten Prinzipien verpflichtet, nämlich FDP, GLP, Mitte, Grüne und SP, jede mit ihren eigenen Nuancen und Präferenzen. Gerade ein Blick darauf, wie diese Parteien auch die Krisen von Pandemie und Ukrainekrieg im wesentlichen geschlossen angegangen sind, ist Beleg dafür.

Die SVP aber, die grösste Partei unseres Landes (am Wähleranteil gemessen), muss aus dieser Optik schon zum x-ten Male als nicht wählbar bezeichnet werden. Es mag einzelne Regierungsräte/innen in den Kantonen geben, für die das nicht zutrifft, aber als Gesamtpartei genügt sie gleich vier der fünf genannten Prinzipien nicht im Geringsten. Nur für die Subsidiarität finden wir ein Engagement, ansonsten:
– sind Gerechtigkeit und Solidarität durch ihre Politik gegenüber Flüchtlingen, Asylanten, Randständigen und sexuellen Minderheiten nicht im Ansatz respektiert
– sind Solidarität und Gemeinwohl durch ihre Ablehnung fast jegliche Zusammenarbeit mit internationalen und multinationalen Instanzen und damit auch jeder Verantwortung krass missachtet
– und ist Nachhaltigkeit (Bewahrung der Schöpfung) als Wert und politischer Ansatz bei ihr kaum existent

Statt dessen reitet sie auf jeder egoistisch-populistischen Welle, die sich ihr nur bietet und gleicht damit ihren «Schwesterparteien» FPÖ und AfD bis in Details hinein. Wir werden nicht vergessen, wie Herr Köppel sich zum Überfall Russlands auf die Ukraine geäussert hat, wie Herr Glarner Schulbehörden und Lehrpersonen öffentlich an den Pranger stellte, die sich für seriöse Lebenskunde in den Schulen engagieren, wie Herr Imark unsere Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung lächerlich machte, wie Herr Chiesa Feindbild-Parolen en masse herunterliest (böse Städte, böse Gebildete, böse Grüne) und wie Herr Aeschi aus all dem Mal für Mal wieder ein mittelbraunes Süppchen kocht. Am ehrlichsten sind die SVP-Kantonalparteien in Solothurn, Schwyz und Luzern, die gleich mit den Dunkelbraunen ins Listenverbindungsbett steigen.

Darum: Am 22.10. keine Stimme für eine/n Vertreter/in der SVP.

Bildquellen

  • : pixabay.com
4. September 2023 | 06:00
von Heinz Angehrn
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Ein Gedanke zu „Mit Blick auf den 22.Oktober

  • stadler Karl sagt:

    Sie kennen meine Auffassung: Persönlich halte ich es nicht für korrekt, auf einer kirchlichen Plattform, die mit öffentlichen Geldern finanziert wird, Wahlpropaganda zu machen oder Abstimmungsparolen zu verbreiten, so wenig es vor sechzig Jahren korrekt war, von den Kanzeln herunter Wahlempfehlungen zu verbreiten. Damals, jeweils mehrheitlich mit umgekehrter politischer Stossrichtung, aber keineswegs weniger verurteilend, wenn die Zuhörerinnen und Zuhörer in den Kirchenbänken nicht im Sinne kirchlicher Funktionäre dachten und handelten. Ich vermag mich an meine Zeit als Bube zu erinnern, als unser Vater, ein einfacher Büezer, am Mittagstisch sich dahingehend ernervierte, dass Teilen der Geistlichkeit offenbar das Wissen um die Bedeutung von Sonntagsgottesdiensten abhanden gekommen sei.
    Nur nebenbei: Ich bin selber kein SVPler, bin in vielem mit dieser Partei nicht einverstanden, weiss aber mit Gewissheit, dass die SVP weiss Gott nicht allein aus einzelnen pseudointellektuellen Scharfmachern vom Schlage eines Köppel oder Glarner besteht, auch an den Stammtischen nicht, auch wenn Köppel ein gewisses Mediengewicht zukommt. Und der Geist sehr vieler SVP-Mitglieder zeigt sich auch nicht in unanständigen Abstimmungsplakaten, die gewiss, da stimme ich Ihnen völlig zu, nur dazu bestimmt sind, unsere je eigenen niederen Instinkte zu bewirtschaften. Christoph Blocher beispielsweise hat andererseits, was den Ukraine-Krieg betrifft, in völlig entgegengesetzter Weise Stellung bezogen, in keinster Weise als “Putin-Versteher”. Bloss gehen bezüglich des schwierigen Themas “Neutralität” die Meinungen auseinander, übrigens keineswegs nur bei den SVPlern, was postwendend von manchen “Fortschritlichen” als “reaktionär” eingestuft wird.
    Bezüglich Nachhaltigkeit gibt es auch in der SVP sehr viele Leute, die gewiss um nichts weniger nachhaltig leben als die Grünen oder die krichlichen Vertreter. Nur moralisieren sie weniger.
    Was die Migrationspolitik betrifft, da gibt sich die SVP sicher ein wenig verschlossen. Aber dass in diesem Bereich auch Fragezeichen thematisiert werden, dass auch jemand dafür offen einsteht, dass jeder Staat ein stückweit die Einwanderung selber auch ein wenig steuern können sollte, und zwar im Freizügigkeits- wie im Asylbereich, das ist gewiss notwendig. Das muss mit fehlender Solidarität vorerst überhaupt nichts zu tun haben und ist teilweise überdies noch ehrlicher.
    Ja, und es grassiert in der CH nicht allein ein gewisses Elite-Bashing, wie übrigens auch in der Kirche selber. Ebenso sehr trifft man in fortschrittlichen wie in konservativen Kreisen auf Haltungen, die letztlich auf nichts anderes als ein elitäres Überlegensheitsgefühl hinauslaufen, gerade gegenüber einfachen Leuten, die nicht weniger Verantwortung zu tragen haben, die Folgen der Politik in zentralen Lebensbereichen jedoch am intensivsten zu spüren bekommen.

    Ja wahrscheinlich werden wir uns kaum einig. Annäherungen ereignen sich am ehesten in einer Beiz an einem Bier. Ein Verfahren, das sich übrigens die innerkirchlich zerstrittene Theologenschaft auch mehr überlegen sollte, statt sich ausschliesslich auf Seminarien, Kolloqiuen oder sonstige Symposien und digitale Plattformen zu fokussieren.

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