Walter Ludin

Immer zu spät

«Es tut keiner ›was. Und am Schluss wills keiner g’wesen sein.» Dies uralte österreichische Volksweisheit, überliefert von meiner Salzburger Freundin Hanni, kommt mir in den Sinn, wenn ich an die aktuellen – unbewältigten! – Krisen denke. Immer hat «man» gewartet, bis die Situation wirklich schlimm und unheilbar war.

Dies gilt für den Krieg gegen die Ukraine. Er begann faktisch schon 2014 mit der Invasion der Krim. Was taten die führenden Politiker? Nichts, das sich als wirksam erwies! Ausser auf die zu Willy Brandts Zeiten bewährte Formel «Wandel durch Handel» zu vertrauen. Sie war ein totes Pferd …

Und dann der tiefe Fall der Grossbank CS. Seit Jahren jagte eine Fehlleistung die andere, um nicht von Katastrophen zu sprechen. Was taten die Politiker und die Kapitäne der Wirtschaft? Nichts von Belang!

Dann wird uns noch die viel beschworene Klimakrise beschert, und dies nicht ernst seit gestern. Was tat «man»? Das eine oder andere, aber zumeist zaghaft und zögerlich. Die Schweiz ist keineswegs eine Ausnahme. Sie war einst und schon lange nicht mehr der klimapolitische Musterknabe. (Oder muss ich gendern und vom Mustermädchen schreiben, da die Schweiz/Helvetia eine «Sie» ist?)

Ihre vorbildliche Funktion hat sie schon längst verloren. Dazu nur eine nüchterne Statistik: Bezüglich Wind- und Sonnenenergie liegt sie von 29 europäischen Staaten auf dem beschämenden Platz 24 …

Hingegen: Anders als bei den beiden vorher erwähnten Krisen ist es noch nicht zu spät. Noch nicht? Immerhin meinen Besorgte (Jugendliche) es sei bereits fünf vor zwölf oder noch später.

Noch sind eine Menge effizienter Massnahmen möglich. Nur müssen sie sofort, nicht zaghaft und zögerlich, angewandt werden. Wenigstens hier besteht noch Hoffnung …

Walter Ludin

Bildquellen

  • 729656_original_R_K_B_by_Rudolpho Duba_pixelio.de_kl: © Rudolpho Duba/pixelio.de
In der Schweiz selten: Windräder
30. März 2023 | 07:44
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 1 Min.
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5 Gedanken zu „Immer zu spät

  • Michael Bamberger sagt:

    “Es tut keiner was. Und am Schluss wills keiner g’wesen sein.”

    Da sollten die Glocken aber gewaltig läuten, z.B. hier:

    “Missbrauch: Wie die katholische Kirche den deutschen Papst schützte – Das Erzbistum München und Freising verschwieg die Verantwortung des verstorbenen Papstes für einen Missbrauchstäter – auch während der Aufarbeitung durch Gutachter. Ein Brief von Joseph Ratzinger zeigt so deutlich wie nie, dass die interne Aufarbeitung des Missbrauchs durch die katholische Kirche gescheitert ist. Hoffnung für Missbrauchsopfer bietet nun die Klage vor einem staatlichen Gericht.”

    Quelle: correctiv.org – 29. März 2023

  • stadler karl sagt:

    Wenn wir nicht jeweils zu spät wären, hätten wir ja gar keine Krisen! Vielleicht wäre das die grösste Krise und würde uns im Denken träge werden lassen.
    Aus den USA kamen 2014 nach der klammheimlichen Annexion der Krim und dem beständigen Zündeln im Donbass durch Putin sehr wohl Reaktionen. Und was war damals die Reaktion in latent antiamerikanisch gesinnten Kreisen in Europa? Die Reaktion des damaligen Aussenministers Steinmeier in Deutschland? Auch bezüglich der Energiekrise hatten die USA die Europäer seit langer Zeit bereits gewarnt, sich nicht allzu sehr in russische Abhängigkeit zu begeben. Das lässt sich alles leicht empirisch nachprüfen. Aber das nützt natürlich nichts, wenn ein ehemaliger Kanzler in der Teppichetage von Gazprom und Rosneft hockt und mit Putin auf Frère et Cochon macht, dessen Charaktere nun wirklich alle, nicht bloss die Politanalysten, wenn man nur ein wenig seriös die Medien nicht einseitig, aber regelmässig verfolgte, einschätzen konnten.
    Solange der “FDP-Filz” in Zürich mit der Schweizerischen Kreditanstalt verbandelt war, handelte es sich um eine top seriöse Bank, um eine Stütze der Schweizer Wirtschaft und des Werkplatzes Schweiz. Erst als man in den neunziger Jahren begann, das Mass zu verlieren, die Grenzen nicht mehr kennen wollte, entstand die Gefahr des hochspekulativen Überbordens. Da war allerdings nicht die FDP dafür verantwortlich, wie jetzt teilweise Linksgrün und die SVP wahltaktisch in die Welt posaunen. Aber es war einmal mehr der Markt, der 2008 und vor zwei Wochen korrigierend eingriff und diesen Instituten sanktionierend das Vertrauen entzog.

    Natürlich muss in der Schweiz bezüglich klimaverträglicher Energiegewinnung noch mehr gemacht werden. Und das wird auch der Fall sein. Zu hoffen ist, dass die Forschung in den Bereichen von Nuklearenergie und Geothermie nicht gänzlich aufgegeben wird und dass den Wind- und Solarprojekten nicht totaler Widerstand ins Gesicht bläst. Denn die Wasserkraft, die zwar bezüglich Emissionen sauber ist, aber dennoch ein ganz erheblicher Eingriff in die Umwelt darstellt, wird an Bedeutung tendenziell verlieren, wenn dereinst in nicht allzu langer Zeit die Gletscher verschwunden sein werden. Viel Hoffnung liegt auch im Potential der wissenschaftlichen Forschung und den daraus resultierenden künftigen Technologien wie z.B. Wasserstoff oder vielleicht gar Kernfusion.
    Aber immerhin ist der inländische Pro Kopf-CO2-Ausstoss in der CH seit 2010 um einiges zurückgegangen, dies trotz erheblicher Migration. Und bezüglich inländischem Pro Kopf-CO2-Ausstoss darf sich die CH im Vergleich mit den EU-Ländern alleweil vergleichen lassen.
    Ja, und zu guter Letzt, ob es uns passt oder nicht: Vielleicht sollten wir uns die stoische Tugend des Masshaltens in vielerlei Lebensbelangen wiederum aneignen, wie das unsere Elterngeneration uns vorbildlich vorlebte. Das scheint im übrigen absolut keine moralistische Maxime, als vielmehr ein Gebot der Klugheit zu sein.

  • Es tut keiner was, gilt auch betr. Nahostkonflikt. Dazu die Palästinenserin Sumaya Farhat-Naser in einem Gespräch mit der deutschen Zeitschrift Franziskaner: «Die Europäer haben immer gesagt, dass sie für eine Zwei-Staaten-Lösung seien. Sie haben aber gesehen, wie Israel Fakten schafft, beispielsweise durch die Siedlungen in der Westbank. Aber sie haben nichts getan. Jetzt wundern sie sich trotzdem, dass es so schlimm geworden ist.»

    • stadler karl sagt:

      Ja, einmal mehr: Israel ist mittlerweile, im Gegensatz zu seinen Gründerjahren, halt religiöser geworden, teilweise ein Kampf zwischen fundamental National-Religiösen und Säkularen. Ja, und es ist anderseits sehr schwierig, in Israel bei der gesamten Bevölkerung Vertrauen in eine Zwei-Staaten-Lösung zu schaffen, wenn anderseits im Iran nach jedem Freitagsgebet die Vernichtung des israelischen Staates gefordert wird, dies mit offizieller der Billigung des höchsten Entscheidungsträgers im Iran, Ajatollah Ali Chamenei; wenn dessen Verbündete, die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon systematisch auf die Vernichtung des Judenstaates hinarbeiten; wenn in Israel fast wöchentlich Terroranschläge auf die Zivilbevölkerung stattfinden, was hierzulande praktisch überhaupt nicht mehr Erwähnung findet, während die Hamas jeweils jubelt und die Palästinensische Autonomiebehörde die Angehörigen der Attentäter belohnt; wenn bereits in palästinensischen Lehrmitteln für Kinder und Jugendliche, mitfinanziert von der EU, zum Juden- und Israelhass animiert wird und Terroranschläge als Martyrer-Handlungen glorifiziert werden; wenn zuständige Stellen im linksliberalen Deutschland internationale Kunstausstellungen wie Documenta zulassen, in der teilweise blanker Israel- und Judenhass seinen Ausdruck findet; wenn auf kath.ch Beiträge erscheinen, in denen von terroristischem Verhalten von rechtsextremen Juden gegenüber Christen berichtet wird, ohne jedoch gleichzeitig zu erwähnen, dass, ganz im Gegensatz zu den Autonomiegebieten, terroristische Handlungen, seien es solche rechtsextremer Israelis oder andere, in Israel mit harten Strafen sanktioniert werden, sofern man ihnen habhaft wird, während anderseits praktisch das totale Verschwinden christlicher Gemeinden in teilweise islamischen Gebieten wie Syrien und Irak auf kath.ch kaum ein Thema bilden; dass der stetige, teilweise rasante Vormarsch des Antisemitismus in Europa, nicht zuletzt auch solcher linker Provenienz, den Staat Israel zum “Juden” unter den Staaten deklariert……..

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