Hunger nach Freiheit I © 2018 Werlen, Martin
Pater Martin Werlen

Hunger nach Freiheit

«Was bringt’s?» So fragen Jugendliche immer wieder. Lange hat mich diese Frage genervt. Bis ich gemerkt habe, dass dies tatsächlich eine zentrale Frage ist. Am Sonntag mit anderen Getauften Gottesdienst feiern: «Was bringt’s?» In der Heiligen Schrift lesen: «Was bringt’s?» Wenn wir jungen Menschen darauf keine Antwort geben können, dann haben wir noch nicht entdeckt, dass unser Glaube zutiefst mit unserem Leben zu tun hat.

Wir alle kennen den Hunger nach Freiheit. Er gehört zum gesunden Menschen. Gott will nicht Sklaven, sondern freie Menschen. Darum ist in unserem Glauben Gott im Mittelpunkt, aber ebenso der konkrete Mensch. Denn wer Gott wirklich ins Zentrum stellt, stellt auch den Menschen ins Zentrum. Und wer den Menschen ins Zentrum stellt, stellt Gott ins Zentrum.

Heiner Wilmer, der neue Bischof von Hildesheim, stellt sich zusammen mit Simon Biallowons dem Hunger nach Freiheit. Er orientiert sich an der Gestalt des Mose. «Mose, das ist der grösste und älteste Schlüssel zu unserer Seele, aber auch zu unserer abendländischen Kultur, Politik und Führung. Und Mose ist der Schlüssel zu Gott, selbst in seinem Aufstand gegen Gott.» So sind bewegende Wüstenlektionen zum Aufbrechen entstanden. Das «hat nichts zu tun mit sanfter Wellness-Spiritualität, mit gefühliger Meditationsromantik», sondern vielmehr mit hartem, nahrhaftem und schmackhaftem Walliser Roggenbrot.

«Was bringt’s?» Dankbarkeit fürs eigene Leben trotz all den Widersprüchen, Ecken und Kanten. Mut in Durststrecken. Staunen über Gottes Wege. Freude am Wort Gottes, das Brot des Lebens wird. Miteinander unterwegs sein zur Freiheit, für die wir erschaffen sind.

 

Heiner Wilmer (unter Mitarbeit von Simon Biallowons), Hunger nach Freiheit. Mose – Wüstenlektionen zum Aufbrechen. Herder Verlag. Freiburg i.Br. 2018.

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Hunger nach Freiheit I © 2018 Werlen, Martin
9. November 2018 | 21:29
von Pater Martin Werlen
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2 Gedanken zu „Hunger nach Freiheit

  • Karl Stadler sagt:

    “Was bringt`s?” Herr Werlen, ist das wirklich eine Frage, welche allein die Jugendlichen auszeichnet? Das Anstellen von Kosten-Nutzen-Analysen, ist das letzlich nicht ganz allgemein ein Merkmal, welchem der Rang einer anthropologischen Universalie zukommt, und dies kulturübergreifend? In der Ideengeschichte, keineswegs erst seit der Entstehung von utilitaristische Strömungen in den Tagen von Jeremy Bentham oder John Stuart Mill? Wenn auch in ganz anderer Form zum Teil bereits früh in der Antike, z.B. im Epikuräismus, aber vor allem auch in der Stoa? Oder die Frage viel bescheidener angewandt auf die alltägliche Lebensbewältigung jedes einzelnen, wo sich in stetiger Regelmässigkeit unausweichlich die Frage aufdrängt: Was bringt es oder was nützt es? Insbesondere dann, wenn, wie für alle Menschen, Zeit und allgemeine Ressourcen sich für die Lösung vieler Probleme als äusserst knapp erweisen? Wird nicht beispielsweise praktisch der ganze Politbetrieb letztlich fast ausschliesslich von dieser Frage bewegt? Beispielsweise wenn man in der Zeitung die Parlamentsdebatten verfolgt oder bei Abstimmungsvorlagen Leserbriefe liest oder Stammtischdiskussionen mitverfolgt und mitgestaltet? Das mag zwar reichlich irdisch, materialistisch, situationsbezogen klingen. Aber das Leben dreht sich sehr oft prioritär um solche Fragen.
    Und diese Frage stellt sich doch durchwegs auch in vielen andern Kontexten, in existentiellen Krisen, so auch bei der fundamentalen Sinn-Frage, mit der sich wohl alle dann und wann, manchmal aus heiterem Himmel, unversehens und überwältigend, konfrontiert sehen?
    Diese Frage stellte sich vermutlich auch dem Mose, oder jedenfalls seinen direkten Nachfolgern, als es darum ging, ins “gelobte”, ins versprochene Land der Väter, aber eben auch ins Land der Kanaaniter einzufallen. Es wurden Kundschafter ausgesandt, um die dortigen wirtschaftlichn und militärischen Verhältnisse zu rekognoszieren, um sich ein Bild zu machen, ob es sich lohnt, die Risiken zu wagen und zu versuchen, dieses Land in die Gewalt der israeliten zu bringen?
    Sehr schön haben Sie geschrieben, dass das wahrscheinlich alles wenig mit sanfter Wellness-Spiritualität, mit gefühliger Medidationsromantik zu tun hat, schon eher mit hartem, nahrhaftem Walliser Roggenbrot. Als obiter dictum: Etwa während einer Pause beim Strahlnen, könnte Walliser Roggenbrot, zusammen mit einem Schluck Kaffee aus der Wärmeflasche und einem guten Stück Käse sehr wohl ein voller Genuss sein, wenn das Wetter sich nicht besonders wirtlich anfühlt, etwa bei den Mutten-Hörnern auf der Walliser Seite, wo, wenn man Glück hat, sich erfahrunggemäss sehr schöne Strahlen zeigen können.

    Und etwas haben Sie ebenfalls sehr schön geschrieben: Ecken, Kanten, Widersprüche, in welche jedes menschliche Leben verstrickt ist. Ich verstehe nichts von Glauben, aber es wirkt wie Balsam, so etwas zu hören statt das ständige erinnert werden an die je eigenen Defizite, die einem selber nur all zu gut bewusst sind!

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