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Walter Ludin

Gewaltfreie Verteidigung oder Krieg?

Nochmals zur Frage, ob für die Ukraine «soziale, gewaltfreie» Verteidigung sinnvoller gewesen wäre als der sinnlose Krieg:

Erstaunliche 26% der ukrainischen Bevölkerung haben vor ein paar Jahren sich für die soziale Verteidigung ausgesprochen. Abseits vom Fokus der Medien blieb es während dem Krieg nicht blosse Theorie. Menschen haben sich schutzlos vor russische Panzer gestellt und sie zum Teil zum Umkehren gezwungen. Alle Wegweiser wurden entfernt und durch solche nach Den Haag ersetzt, dem Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs …

Ein anderes Beispiel: Nach der Eroberung haben Menschen in der Stadt hartnäckig demonstriert und ihren Bürgermeister zurückbekommen, der in Geiselhaft war. Dieses Ereignis erinnert an ein weithin unbekanntes Vorkommnis in Deutschland während des Dritten Reichs. Als die Nazis in Franken ein Kloster aufheben wollten, demonstrierten viele Hunderte dagegen. Das Kloster blieb erhalten – und die Regierung verzichtete darauf, im ganzen Landkreis weitere Klöster aufzuheben.

Krieg
Was passiert, wenn man auf Krieg setzt (auch wenn es ein legitimer Verteidigungskrieg ist?) Prägnant formuliert es der Journalist Matthias Dobrinski, übrigens keineswegs ein konsequenter Pazifist: Der Abwehrkampf der Ukraine «zerfetzt jeden Tag Leben, zerstört Heimaten, gebiert Hass und Nationalismus. Seinetwegen wächst der Hunger in der Welt, stockt der Kampf gegen die Erderwärmung, frisst die Aufrüstung das Geld, das die Armen dringend bräuchten.»

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20. April 2023 | 07:28
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 1 Min.
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13 Gedanken zu „Gewaltfreie Verteidigung oder Krieg?

  • Weber Silvia sagt:

    Und wer steht vor Putin hin und bittet ihn um Rückzug der russischen Armee und Rückgabe der besetzten ukrainischen Gebiete inkl. Krim?
    Würde er wohl aus Bewunderung für ihren Mut ihren Forderungen Folge leisten?

  • Josef Beder sagt:

    Das ist ja wohl die Höhe, die aufgezählten Kriegsfolgen dem “Abwehrkampf der Ukraine” zuzuschieben! Einzig und allein der “Angriffskrieg Russlands” dafür verantwortlich! Ich hoffe sehr, dass die kath.ch-Redaktion solche Propaganda nicht unwidersprochen hier stehen lässt!

    Und was soll das sein, “soziale, gewaltfreie Verteidigung” der Ukraine gegen das russische Waffenarsenal? Sollen sich die Leute in der Ukraine mit Gebeten und Demos gegen die Raketenangriffe wehren? Oder womit sollen sie sich “sozial und gewaltfrei” gegen die Bombardierungen verteidigen???
    Über die Naivität mancher Kirchenleute, die sich nicht mal um die täglichen Bedürfnisse kümmern müssen, sondern wohl versorgt in Klostermauern leben, kann man nur den Kopf schütteln.

  • Hansjörg sagt:

    Um die Fakten festzuhalten. Russland hat einen brutalen Angriffskrieg gestartet. Die Ukrainerinnen und Ukrainer sind einzig und alleine berechtigt zu entscheiden, wie Sie Ihre Abwehr gestalten. Falls sie sich dazu entscheiden, sich mit Waffen zu verteidigen, haben wir Westler die Ukraine maximal zu unterstützen. Dabei schäme ich mich ein Schweizer zu sein. Denn die Schweiz versteckt sich mit fadenscheinigen Argumenten gegen die Unterstützung und hilft russischem Geld und russischem Gold und russischen Oligarchen zu einem sicheren Hafen.
    Matthias Dobrinski bringt zudem die Tatsachen nicht auf die Reihe, nicht der Abwehrkampf der Ukrainer ist Schuld an den aufgezählten Gräueltaten und Unterlassungen, sondern der Angriffskrieg der Russen.
    Mit der gestellten Frage zur “sozialen, gewaltfreien” Verteidigung sehe ich eher, dass wir diese Frage dann in ein paar Jahren für Georgien, Polen, usw. wieder stellen können.

  • Michael Bamberger sagt:

    Wenn Sie, Walter Ludin, samt Ihrer Weltsicht, heute plötzlich in Selenskis Schuhen stecken würden, wie lange meinen Sie, wären Sie noch Präsident der Ukraine?

  • Sepp (Josef) Beder sagt:

    Ungeheuerlich, Herr Ludin, was Sie da von sich geben oder zitieren! “Abwehrkampf der Ukraine zerfetzt jeden Tag Leben …”! Wissen Sie nicht, wie dieser Krieg zustande gekommen ist?! Der Angriffskrieg Russlands zerfetzt jeden Tag Leben!, und die Ukraine verteidigt sich! Es ist unfassbar, wie hier Realitäten mittels Sprache nach eigenem Belieben umgebogen werden!

    • Walter Ludin sagt:

      Selbstverständlich halte ich den Krieg als Angriffskrieg und verurteile ihn vorbehaltlos. Aber in diesem Zusammenhang die Begriffe “Angriffskrieg” und “Verteidigungskrieg” strikte zu trennen, lenkt toll vom Wesentlichen ab.
      Und das Wesentliche ist bei mir: Jeder Krieg ist zerstörerisch. Und: “Es wird zerstört, was man verteidigen will”. Im konkreten Fall: Menschenleben zu Tausenden, soziale Beziehungen (rund 20 Mio Flüchtlinge” und Sachschäden, zu deren Behebung man schon vor einem halben Jahr mit 1000 Mia gerechnet hat. Ist dieser Preis für die Unabhängigkeit nicht zu hoch? Lasst uns darüber streiten, nicht über Wortklaubereien.
      Und was ich auch betonen möchte: Verlorene Unabhängigkeit ist nicht für ewige Zeiten verloren. Gerade die Ukraine und Polen sind Beispiele dafür, dass Staaten “auferstehen” können.

  • Josef Beder sagt:

    Unfassbar, dass Herr Ludin den russischen Angriffskrieg zu einem “Abwehrkampf der Ukraine” umbiegt, der “jeden Tag Leben zerfetzt” resp. solche Zitate in anerkennender Weise verbreitet! Es ist ungeheuerlich, wie hier die Opfer zu Tätern gemacht werden!

  • Daniel Ric schreibt mir:
    Ich möchte Ihnen gratulieren, dass Sie den Mut haben, den Frieden als Option zu benennen. Ich finde es sehr bedenklich, dass so viele Menschen bei uns den Krieg als einziges Mittel sehen und diesen propagieren. Natürlich ist jeder Krieg ungerecht, aber es braucht Menschen, die Frieden stiften. Wenn ich höre, wie Menschen sagen, dass die Ukraine nie einen Frieden akzeptieren soll, bei dem es Gebietsveränderungen gibt, halte ich dies in der gegenwärtigen Situation für ethisch verwerflich, da dies eine endlose Verlängerung des Leids bedeutet. Der Osten Europas ist komplizierter als dies in den westlichen Medien geschildert wird. Wir sollten als Christen alles tun, um Frieden zu fördern. Kompliment für Ihren Mut!

    • Hansjörg sagt:

      Da frage ich mich als erstes, wieso schreibt Daniel Ric nicht direkt in den Blog?
      Hat er etwas zu verbergen?
      Ist das etwa der Daniel Ric, in dessen Heimatkirchgemeinde der grosse Frieden herrscht?

  • Daniel Ric sagt:

    Ich wollte meinen ersten Kommentar für alle sichtbar machen, was mir aufgrund eines Fehlers meinerseits nicht gelungen ist. Zu Ihren Fragen Hansjörg: Nein, ich habe nichts zu verbergen, deswegen gebe ich auch meinen vollen Namen an. Zu Ihrer zweiten Frage: Ich sehe nicht wirklich ein, was das Engagement für Frieden zwischen der Ukraine und Russland mit der Frage zu tun hat, wie es mit dem internen Frieden in meiner Kirchgemeinde aussieht. Die meisten Kirchgemeinden zeichnen sich pastoral durch eine Friedhofsruhe aus, da das kirchliche Leben de facto inexistent ist. Der Begriff Frieden ist daher in der Kirche anders zu bewerten als auf der politischen Bühne. In der Kirche brauchen wir harte Diskussionen, bei denen sogenannt konservative Kräfte die Scheuklappenmentalitität der sogenannt progressiven und umgekehrt kritisieren. Ansonsten geht die Kirche friedlich zugrunde – aber trotzdem zugrunde. Bei der Frage, ob wir es zulassen dürfen, dass Tausende von Menschen sterben, sieht die Situation anders aus. Hier bin ich der Meinung, dass wir den Frieden als Option immer betonen und hervorheben müssen. In den 80er Jahren gab es eine Friedensbewegung, welche die Spannungen zwischen Ost und West abbauen wollten. Wo bleiben heute die Christen, die konsequent für den Frieden einstehen?

  • Niklaus Schmid sagt:

    Lieber Pater Ludin
    Ein Stück weit kann ich sie verstehen. Auch mich quält es sehr, mir all dieses schreckliche Leid, das dieser Krieg bewirkt, vorzustellen und nachzuempfinden. Auch ich wünsche mir nichts sehnlicher für die Menschen in der Ukraine und auch in Russland als ein möglichst schnelles Ende all dieser Gräuel und dieses Sterbens.
    Ich habe die grosse Freude, dass ich in einigen Tagen Grossvater eines kleinen Buben werden darf. Und es ist für mich die absolut schlimmste Vorstellung, dass mein Sohn in einen Krieg eingezogen würde oder meine Tochter ihren Buben, den sie mit überfliessender Liebe 9 Monate in ihrem Leib getragen hat, dereinst einmal in einem Krieg wissen müsste.
    Trotz alledem kann ich sie, lieber Pater Ludin, auch nicht verstehen. Was würde es für die Menschen in der Regierung der Ukraine bedeuten, wenn sie sich entscheiden würden ihr Land nicht länger zu verteidigen. Was würde es für die Menschen bedeuten, die diese Regierung gewählt und unterstützt haben. Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, die Ukraine demokratischer und menschlicher zu machen. Diese Menschen würden zu Zehntausenden, ja zu Hunderttausenden, gefoltert, getötet und ihre Angehörigen geknechtet und ihrer Identität beraubt werden.
    Ich denke, dass jeder Mensch für sich entscheiden muss, ob er die Kraft hat das Martyrium zu wählen, sich wegzuducken oder sich zu verteidigen. Ich habe allergrössten Respekt vor so vielen Menschen in Russland, die wegen ihres Einstehens gegen den Krieg nun jahrelang im Gefängnis sitzen und in Lagern Gewalt und Tod erleiden.
    Aber eines geht für mich nicht, dass wir aus unseren warmen Stuben heraus, den Menschen in der Ukraine das kollektive Martyrium als moralisch richtig “vorschreiben”. Jesus hat sich, für sich selber, für das Martyrium am Kreuz entschieden. Er hat (als guter Hirte) von seinen engsten Freundinnen und Freunden nicht verlangt, dass sie mit ihm kollektiv ins Martyrium gehen.
    Und was ich definitiv als falsch auschaue, ist, dass den Menschen in der Ukraine wegen ihrer Entscheidung, sich zu verteidigen, eine Mitschuld an den Folgen des Krieges zugeschoben wird.
    Wäre ich jung und in der Ukraine geboren, dann würde ich wohl Gott um die Kraft bitten (wenn ich nicht sowieso schon eingezogen worden wäre) mich freiwillig für den Militärdienst und damit für das Martyrium zu entscheiden. Aber, so wie ich mich kenne, wäre ich wohl zu feige dazu.
    Lieber Pater Ludin
    Ich denke, dass wir zum Teil verschiedener Meinung sind und ich habe mir erlaubt sie zu kritisieren. Aber in einem – glaube ich – treffen wir uns: wir sehnen uns beide sehr nach Frieden. Wir sind Jünger Jesu und Freunde des Heiligen Franz, welche beide auch nichts sehnlicher als Frieden gewünscht haben. Darf ich mich trotzdem im Gebet mit Ihnen verbunden fühlen?
    Seien sie herzlich gegrüsst
    Niklaus Schmid

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