Walter Ludin

Wo bleibt der Osterfriede?

«Nun ist gross Fried ohn Unterlass. All Fehd hat nun ein End.» Wie oft haben wir diese Strophe aus einem der bekanntesten Gloria-Lieder schon gesungen? Sie ist so populär, dass es sogar eine humorvolle, kindliche Version davon gibt: «Gottfried isst ohne Unterlass. Alfred hat nun ein End.»

Doch, seien wir realistisch: Können wir dieses Jahr wirklich vom grossen Frieden singen, der ausgebrochen ist; von den Fehden und Streitigkeiten, die ein Ende nahmen? Tönte es nicht völlig unglaubwürdig auf dem Hintergrund der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen?

Doch mit der Realität ist es so eine Sache. Vielleicht erinnern sich noch einige von Ihnen daran, wie im berühmten Mai 68 in Paris auf Mauern der Satz gesprayt wurde: «Soyez réaliste. Demandez l’impossible/Seid Realisten. Fordert das Unmögliche.»

Ein Bekannter von mir, führendes Mitglied der Bewegung «Longo maï», die in verlassenen Gegenden Europas Bauernhöfe wieder zum Leben bringt, hat mich korrigiert, als ich diese Sätze zitierte. Es müsste heissen: «Soyez réaliste, vivez l’impossible. Seid Realisten. Lebt das das Unmögliche.»

Dennoch: Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll ist, etwas zu fordern. In unserem Zusammenhang denke ich an das Stichwort «Friedensverhandlungen». Schon vor etlichen Wochen wurde die Idee geäussert, tagtäglich müsste von überall her der Schrei nach dem Ende der Kriege ertönen; anstelle von ständigen gegenseitigen Siegesparolen.

Dazu passen die Sätze, die ich in einem österlichen Leitartikel der Zeitschrift «Christ in der Gegenwart» gefunden habe: «Die Auferstehung Jesu, die wir heute feiern, ist kein Trost, sondern ein Trotz. Wir sind Protestmenschen gegen den Tod. Wir trotzen dieser Wirklichkeit des Leidens und der Verfolgung den Glauben ab, weil es eine Zuversicht gibt, die Gott uns verheissen hat. Und wir werden tun, was wir können.«

Wirklich ein sehr beeindruckender, österlicher Gedanke: Wir sind Protestmenschen gegen den Tod. Wir sind trotzige Leute, die sich mit dem scheinbar Unausweichlichen, Unabänderlichen nicht abfinden. Gläubige, die nicht andern nachplappern:

  • Tot ist tot.
  • Oder auch: Kriege hat es immer gegeben. Kriege wird es immer geben.

Wir distanzieren uns von solchen Plattitüden, nicht weil wir unverbesserliche Optimisten sind, sondern weil wir als österliche Menschen leben. Und wir orientieren uns an den Menschen der Bibel, die den Gekreuzigten nicht im Grab fanden, sondern ihm als Lebendigen begegnet sind.

Wir denken an Jesus, der am Kreuz für seine Verfolger gebetet hat «Verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun» und so die Spirale von Gewalt und Gegengewalt überwunden hat.

Wir nehmen Jesu Verheissung ernst: «Selig, die keine Gewalt anwenden. Selig die Menschen, die Frieden stiften.» Darum geben wir unsere Hoffnung auf gewaltfreie Methoden der Konfliktbewältigung nicht auf.

Diese biblischen Botschaften helfen uns, zu versuchen, das Unmögliche in unserem Leben zu verwirklichen. Sie ermutigen uns zu einem grösseren Realismus, der sich mit den herrschenden Zuständen nicht abfindet. Sie überwinden den Fatalismus und die Resignation, die uns zur Aussage verführen wollen: «Es ist nun einmal so. Da kann man nichts machen.» Dazu die Mahnung von Dorothee Sölle: «Resignation ist die grösste Sünde.»

Lassen Sie mich die österliche Botschaft zusammenfassen. Ich tue es mit den drei Begriffen, die ich in einem Ostermail fand, das mein moldawischer Freund Vladimir mir geschickt hat. Seine drei österlichen Worte heissen:
– Liebe
-Hoffnung
-Vergebung.
Seine grenzenlose Liebe hat uns Jesus am Kreuz bewiesen. Seine Auferstehung gibt uns die Hoffnung, dass das scheinbar Unmögliche möglich wird. Seine Vergebung schenkt uns allen immer wieder einen Neuanfang.

Dieser Beitrag erschien in der Zeitschrift «Antonius von Padua» des Seraphischen Liebeswerks Solothurn/SLS.

Jörg Janköster/pixelio.de
27. März 2024 | 09:02
von Walter Ludin
Lesezeit: ca. 2 Min.
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