Markus Baumgartner

Wie ein Priester Altar und Techno mixt

Wenn die Jugend nicht mehr in die Kirche kommt, kommt die Kirche eben zur Jugend. Unter diesem Motto pflegt Pater Guilherme Peixoto eine etwas andere Nebentätigkeit: Er ist Techno-DJ, und das erfolgreich. So legte er beim katholischen Weltjugendtag in Lissabon vor 1,5 Millionen Menschen als DJ auf. Das kam gut an – auch bei anderen Geistlichen. Was vor zwei Jahrzehnten als lokale Spendenaktion begann, ist für den 49-Jährigen fast zu einer Zweitkarriere geworden. Er hat inzwischen schon 750’000 Follower auf verschiedenen Sozialen Medien.

Der Portugiese Guilherme Peixoto wollte schon immer Priester werden. Er wurde in Guimarães geboren und trat im Alter von 13 Jahren in das Priesterseminar ein. Er hätte nie gedacht, dass er nicht nur Priester, sondern auch ein gefeierter Techno-DJ werden würde. Nach einem grossen Event vor 10’000 Menschen auf dem Campingplatz MEO Sudoeste trat er auch auf dem Weltjugendtag in Lissabon auf: Die Organisatoren der Massenveranstaltung in Lissabon hatten ihn gebeten, vor einer Open-Air-Messe mit Papst Franziskus um sieben Uhr morgens «die Pilger aufzuwecken». Am Sonntagmorgen stand er mit Priesterkragen und grossen schwarzen Kopfhörern auf einer Bühne. Etwa 1,5 Millionen Gläubige hörten ihm zu. Das Video dazu ging viral. Zu Beginn des etwa 30 Minuten langen Sets mixte er Worte von Johannes Paul II. in den Klangteppich: Man solle keine Angst haben, sein Herz für Christus zu öffnen, hörten die Besucher ihn auf Italienisch sagen. Zum Ende hin wurde den tanzenden Pilgern durch einen Mitschnitt von Franziskus auf Spanisch versichert, dass die Kirche Platz für «alle, alle, alle» habe.

Als Kind fast gestorben

Pater Guilherme war nie konventionell: Als Kind war er ziemlich rebellisch. Daher glaubten seine Klassenkameraden und andere in seiner Umgebung nicht daran, dass er tatsächlich Priester werden würde. Seine Familie freute sich jedoch über diese Möglichkeit und unterstützte ihn stets. Mehr noch, er schien dazu bestimmt zu sein. Als er vor 48 Jahren geboren wurde, litt er an verschiedenen gesundheitlichen Problemen. Er befand sich sogar zwischen Leben und Tod. Nach der Geburt wollte die Familie den kleinen Guilherme unbedingt mit nach Hause nehmen, obwohl er in Lebensgefahr war. Selbst wenn er nicht überleben sollte, würde er wenigstens diese erste Nacht zu Hause bei seiner Familie verbringen. Er wurde sofort im Krankenhaus von Guimarães getauft und verbrachte die Nacht an einer Infusion, die ihm seine Mutter und Grossmutter einflössten. Zwischendurch beteten sie und baten mit all ihrem Glauben: Wenn Guilherme überleben würde, würden sie ihn dem Herrn darbringen, berichtet die portugiesische Online-Plattform NIT

Gefragter DJ-Priester

Als Priester mit gleich zwei Gemeinden im Norden Portugals hat Guilherme Peixoto viel zu tun. Neben den üblichen Messen stehen Gedenkfeiern für Verstorbene auf dem Programm. Parallel darf er seinen nächsten Auftritt als DJ auf einem internationalen Festival vorbereiten. «Mit elektronischer Musik kann ich eine Botschaft rüberbringen. Ich kann dort sein, wo junge Menschen sind», sagt Pater Guilherme nach seiner Rückkehr von einem grossen Halloween-Festival in Italien, wie «20 Minuten» berichtet. «Sie können denken: Wenn es möglich ist, dass ein Priester ein DJ ist, dann ist es für mich möglich, Musik und Festivals zu mögen und zugleich ein Christ zu sein.» Die Verbindung zur Musik entstand bei Pater Guilherme früh. Im Priesterseminar war er Mitglied einer beliebten Gesangsgruppe. Als Mitglied der Pfadfindergruppe ging er nachts in einige Diskotheken in Guimarães. Da mochte er bereits elektronische Musik. Als er an die theologische Fakultät kam, gründete er mit vier seiner Seminarkollegen eine Pop-Rock-Band. Sie  spielten für fünf Jahre zusammen und hiessen Quinto Império. Guilherme Peixoto spielte die Orgel.

Zweite Karriere wegen Spendenprojekt

Als Guilherme Peixoto vor etwa 20 Jahren als Geistlicher nach Laundos entsandt wurde, war die Gemeinde knapp bei Kasse – um Renovierungsarbeiten an der Hauptkirche zu finanzieren, hatte sie Schulden aufnehmen müssen. Viele Gemeindemitglieder waren Kuchenverkäufe und Türklopf-Kampagnen allmählich leid. Also rief Peixoto die Jugendchöre auf, Karaoke-Spendenaktionen zu starten. Bereits nach wenigen Jahren waren die Schulden abbezahlt. Und der Priester war auf den Geschmack gekommen.

Guilherme Peixoto geht es aber keineswegs nur darum, Partys zu feiern. Die Nebentätigkeit als DJ in seinem Ort und darüber hinaus ist für ihn zu einer neuen Art der Mission geworden. «Ich übermittle diese Botschaften dort, wo die Kirche nicht hinkommt», sagt er.  Peixoto sage immer, «wenn wir sie nicht zur Kirche bringen können, bringen wir die Kirche zu ihnen. Die Welt ist Jesus gegenüber nicht so verschlossen». Man müsse nur die richtige Sprache sprechen.

Bild Quelle Facebook Guilherme Peixoto
23. Januar 2024 | 06:00
von Markus Baumgartner
Lesezeit: ca. 3 Min.
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