Heinz Angehrn

Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt!

So beginnt Friedrich Schillers Mittelteil des Wallenstein, «Die Piccolomini». Uns Kanti-Schülern war es ein grosser Spass, diesen Klassiker zu passenden und unpassenden Gelegenheiten zu zitieren.

Ja, spät kommt sie, diese längst notwendige Reaktion der katholischen Kirche auf die Fragestellungen und insbesondere die politischen Diskussionen zum Thema gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Doch nun kam sie, und nicht etwa von unten, sondern von ganz oben, man(n) wagt es immer noch nicht ganz zu glauben.

Zitieren wir zunächst korrekt, was Franziskus gemäss mehreren Medien exakt gesagt hat (ich denke, dass Spanisch die Originalsprache war): «Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben» und «Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht.» Kommentatoren verweisen darauf, dass er in seiner Zeit in Buenos Aires die gleichgeschlechtliche Ehe als «Schachzug des Teufels» gebrandmarkt habe, eingetragene Partnerschaften aber geduldet habe.

Bis heute ist mir/uns nicht klar, warum gleichgeschlechtliche Partnerschaften auf Teufel komm raus unbedingt auch als «Ehe» bezeichnet werden sollen. Hauptsache ist doch, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften in allen und nämlich wirklich allen juristischen Positionen und Folgen gleich wie die heterosexuelle Ehe gleichbehandelt werden (nochmals der Papst: «haben das Recht»). Der Terminus «Ehe» tönt mir/uns für eine gleichberechtigte Partnerschaft zweier Männer furchtbar altbacken, er bildet nicht ab, was eine solche Partnerschaft im Innersten ausmacht. Auch die Rollenbilder des «Ehe-Mannes» und der «Ehe-Frau» sind historisch viel zu stereotyp und belastet. Zudem ist es nicht das Ziel aller solcher Partnerschaften, Kinder zu halten. Es gibt so viele spannende Berufe, in denen Schwule arbeiten, dass sie dort ganze Generationen von geistigen «Kindern» erzeugen können!

Deshalb ist aus meiner Sicht die Aussage des amtierenden Papstes:
– eine Positionsänderung, die das Adjektiv «revolutionär» verdient
– wohl Anlass, dass nun die radikalen Kräfte (die ich «katholikal» nenne) mit Abspaltung drohen
– zwar spät kommend, doch nicht zu spät

Ein Grund weniger, den Kirchenaustritt zu überlegen.

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22. Oktober 2020 | 12:50
von Heinz Angehrn
Lesezeit: ca. 1 Min.
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Ein Gedanke zu „Spät kommt Ihr – Doch Ihr kommt!

  • stadler karl sagt:

    “…Kinder halten…”? “…ganze Generationen von geistigen Kindern erzeugen…”? Was ist jetzt das wieder für ein neuer Sprachduktus?

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