Gegen die Anti-Semitismus-Keule

Eine notwendige Vorbemerkung: Immer, wenn ich hier im Blog auch nur einen kritischen Nebensatz gegen die Menschenrechtsverletzungen des israelischen Staates äusserte, kam der Schlachtruf «Anti-Semitismus». Darum bin ich dankbar für die vor wenigen Wochen erschienene «Jerusalemer Deklaration». Sie wurde verfasst von mehr als 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die meisten davon jüdisch (!!).

Die «Jerusalemer Deklaration» versucht u. a. die Frage zu klären, wie weit Kritik am jüdischen Staat und an der Politik Israels geübt werden darf, ohne dass dies als Antisemitismus empfunden wird. Ich finde sie sehr hilfreich und ausgewogen. Darum hier einige Abschnitte:

Was ist NICHT antisemitisch?
«Wir wollen den Kampf gegen Antisemitismus stärken … und Räume für eine offene Debatte über die umstrittene Frage der Zukunft Israels/Palästinas wahren. Die Feindseligkeit gegenüber Israel kann Ausdruck eines antisemitischen Ressentiments sein, aber auch eine Reaktion auf eine Menschenrechtsverletzung.

Nicht per se antisemitisch ist
– die Unterstützung der palästinensischen Forderungen nach Gerechtigkeit und der vollen Gewährung ihrer politischen, nationalen, bürgerlichen und menschlichen Rechte, wie sie im Völkerrecht verankert sind.
 – Es ist nicht per se antisemitisch, auf systematische rassistische Diskriminierungen hinzuweisen.
– Der, wenngleich umstrittene Vergleich Israels mit historischen Beispielen einschliesslich Siedlerkolonialismus oder Apartheid ist nicht per se antisemitisch.
Was IST antisemitisch?
Antisemitismus kann sich in Worten, Bildern und Handlungen manifestieren. Beispiele für antisemitische Formulierungen sind Aussagen, dass alle JüdInnen wohlhabend, von Natur aus geizig oder unpatriotisch seien.  In antisemitischen Karikaturen werden JüdInnen oft grotesk, mit grossen Nasen und in Verbindung mit Reichtum dargestellt. Beispiele für antisemitische Taten sind: jemanden angreifen, weil sie oder er jüdisch ist, eine Synagoge angreifen, Hakenkreuze auf jüdische Gräber schmieren oder Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht einzustellen oder nicht zu befördern.»

Leider ist im Internet nur ein Link auf die englische Version der Deklaration zu finden:
www.jerusalemdeclaration.org

Walter Ludin

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.blogs-kath.ch/gegen-die-anti-semitismus-keule/