Ich finde es sehr erfreulich, dass die Kirchen – wie die Gegner sagen – sich sehr engagiert in die Diskussion um die Konzernverantwortungs-Initiative/KOVI «einmischen». Die vielfältigen Pro-Stimmen aus dem kirchlichen Lager stimmen mich sehr optimistisch. Ich rechne damit, dass gerade deshalb die Initiative angenommen wird.
Aber: Ein alter Artikel, der mir zufällig in die Hände fiel, zeigt mir, dass wir Befürworter uns nicht zu früh freuen dürfen. Mein Freund Willy Spieler hat vor Jahren in den «Neuen Wegen» daran erinnert, dass die Kirchen sich in manche Abstimmungen erfolglos «eingemischt» haben. Hier nur seine Beispiele aus dem Bereich Ausländer- und Asylpolitik.
- 1970: Die erste fremdenfeindliche Initiative, jene von Schwarzenbach, wurde von den Kirchen bekämpft und dann auch vom Volk abgelehnt. Doch: Obwohl die Leitung der katholischen Kirche recht vehement gegen die Initiative gekämpft hatte, wurde sie ausgerechnet in der Innerschweiz angenommen (übrigens vor allem in Gegenden mit tiefem Ausländeranteil!!).
- 1981: Die fremdenfreundliche «Mitenand-Initiative», die von kirchlichen Kreisen wie der Katholischen Arbeitnehmerbewegung/KAB ausging, erhielt die Unterstützung der Bischofskonferenz und des Kirchenbundes. Sie verletze die Würde des Menschen. Trotzdem: ein wuchtiges Nein von 84 Prozent.
- Edgar Oehler, der Chefredaktor der katholischen Ostschweiz spottete, die Bischöfe hüteten eine «bockige» Herde, die sich den Hirten widersetze. Mein Kapuzinermitbruder Nestor Werlen widersprach ihm als Redaktor des ebenfalls katholischen «Vaterland». Es gehe nicht darum, dass die Kirchen sich am – wie wir heute sagen würden – Mainstream ausrichten und nur das sagen, was mehrheitsfähig sei. Er verwies auf Jesus, dem viele Leute nach seiner «Brotrede» weggelaufen waren. Jesus sei deshalb «nicht über die Bücher gegangen.»
- 2009: Die Minarett-Initiative, ebenfalls von den Kirchen bekämpft, wurde angenommen. Je «christlicher» ein Kanton war, umso mehr wurde sie unterstützt: Der Kanton Basel-Stadt, der am meisten Konfessionslose hat, lehnte sie ab. Doch in Appenzell-Innerrhoden wurde sie mit 71,4 Prozent Jastimmen angenommen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Auch wenn fast Tag für Tag kirchliche Stimmen für die KOVI zu hören sind, dürfen wir uns keine Illusionen machen und im Kampf für sie nicht nachlassen.
Walter Ludin
Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant
https://www.blogs-kath.ch/als-die-kirchen-sich-erfolglos-einmischten/