Enttäuschender Papst

Amazonien: verpasste Chance

Es ist traurig, aber wohl wahr: Papst Franziskus verpasst eine der letzten Chancen, die Reform der katholischen Kirche «von oben» zu steuern. In seinem nachsynodalen Schreiben zur Amazonas-Synode kann er sich nicht hinter den Vorschlag stellen, «bewährte Männer» zu Priestern zu weihen, damit die katastropale Lage vieler Pfarreien überwunden wird, die bloss einmal pro Jahr Eucharistie feiern können: «die Quelle und den Höhepunkt des christlichen Lebens».

Es ist zu erwarten, dass er damit unbewusst und unwillentlich die Tore öffnet für eine schon lange am Horizont sich abzeichnende «Selbstermächtigung» der kirchlichen Basis. Dazu zuerst eine – wahre! – Anekdote aus Brasilien. Kardinal Paulo Evaristo Arns hat sie mir schon vor fast 40 Jahren an der Bar des Antoniushauses Mattli, Morschach,  bei einem Kaffee erzählt:

Arns kam zur Firmung in eine sehr abgelegene Pfarrei. Der Pfarrer war überaus beglückt: «Jetzt sehe ich endlich einmal einen Bischof!» Der Kardinal erinnerte ihn daran, dass er ja sicher von einem Bischof geweiht wurde. Die Antwort: «Ja, weisst du, lieber Dom Paulo … Unser Pfarrer starb unerwartet. Wir bekamen keinen neuen. Da ich Sakristan war, sagten die Leute zu mir: ›Du standest ja immer nahe am Alltag und hast dem Priester immer genau zugeschaut. Mach doch du weiter! ’» So geschah es. Und Kardinal Arns erzählte es uns schmunzelnd.  Ein Schweizer Bischof hätte wohl entsetzt «Skandal!» gerufen und von der «simulatio sacramenti/Vortäuschung eines Sakramentes» gesprochen.

Um weiter beim bewährten Latein zu bleiben: Es ist zu erwarten, dass es immer mehr Gläubige gibt, die nicht nur sinngemäss den Begriff «contra legem/gegen das Gesetz» kennen, sondern auch «praeter legem/am Gesetz vorbei». Konkreter: Sie werden nicht in erster Linie schauen, was im von Menschen gemachten kirchlichen Gesetzbuch steht; sondern überlegen, was für die Gläubigen und ihre Gemeinschaften notwendig, überlebenswichtig ist: das «salus animarum/Heil der Seelen» als oberstes Prinzip der Seelsorge. Und sie werden entsprechende, sich selbst «ermächtigende» Massnahmen treffen.

Wie das aussehen könnte, habe ich – auch schon vor rund 40 Jahren – an einem  kirchenreformerischen Gemeindeforum gehört. Peter Paul Kaspar, ein profilierter österreichischer Seelsorger, schlug pfarreilichen Gruppierungen vor: «Setzen wir uns an einen Tisch, teilen wir miteinander Brot und  Wein, lesen einander aus der Bibel vor («Einsetzungsberichte»!) und überlassen wir alles weitere Jesus.»  

Ob man es will oder nicht: Nach dem enttäuschenden Schreiben des «Reform-Papstes» wird wohl an manchen Orten so erfahren: in den Weiten des tropischen Amazonas-Gebietes» und in kälteren Gegenden.

Walter Ludin

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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