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Daniel Kosch

Populismus und Nähe zu den Menschen (#Wertedebatte 4)

Die Wahl von Trump zum Präsidenten der USA hat auch in der Schweiz eine intensive Diskussion über deren Gründe ausgelöst. Dabei fällt regelmässig der Begriff «Populismus», verbunden mit der Frage, wie diesem Einhalt geboten werden könnte. Dabei üben sich linke und intellektuelle Kreise auch in Selbstkritik. So trug eine Analyse des sozialdemokratischen Ökonomen und Publizisten Rudolf Strahm den Titel «Die intellektuelle Elite befriedigt sich mit herablassenden Analysen».

Populismus hat Konjunktur

Personen, Parteien und politische Vorstösse,

  • die behaupten, auf komplexe Probleme einfache Antworten zu haben,
  • die «classe politique» denunzieren, obwohl sie ihr selbst angehören,
  • behaupten, die Ängste der Mehrheitsbevölkerung ernst zu nehmen,
  • einzelne Bevölkerungsgruppen für gesellschaftliche Probleme verantwortlich machen und diskreditieren, und
  • sich mit einem starken Sendungsbewusstsein als Retterfiguren profilieren,

haben in der Tat Konjunktur. Und dies nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und in der Schweiz. Und es ist offensichtlich schwierig, dem beizukommen. Vernünftige Argumente, rechtliche Überlegungen und selbst der Hinweis auf die Gefahren für das wirtschaftliche Wohlergehen scheinen nicht zu verfangen. Sie sprechen zwar den Verstand an, vermögen aber offenbar das Herz und die Emotionen vieler Menschen nicht zu erreichen und ihre politischen Entscheidungen zu beeinflussen.

Jesus und seine Nähe zu den Menschen

Beim Nachdenken über die Frage, was dem Populismus entgegenzusetzen wäre, musste ich an die Gestalt des Jesus von Nazaret denken, dessen Botschaft und Leben sich durch grosse Nähe zu den Menschen auszeichnet, besonders zu den einfachen, nicht-privilegierten, wenig gebildeten. Er gewann sie mit seinen Geschichten und Gleichnisse, mit eingängigen, oft paradoxen Weisheitsworten, und auch indem er sich mit ihnen zusammensetzte, essend, trinkend, diskutierend. Und er fesselte offenbar so viele, dass daraus eine Bewegung entstand, die zu den Ansprüchen der imperialen Römer und der religiösen Arroganz gewisser Kreise Alternativen erprobte.

Diese Praxis Jesu lässt sich nicht direkt auf heute übertragen, denn unsere Kommunikationssituation ist eine andere und die Realitäten sind viel komplexer. Zudem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sein Auftreten zwar Wirkung zeitigte, aber keinen «durchschlagenden Erfolg». Aber zwei Schlussfolgerungen sind meines Erachtens dennoch zulässig: Im echten Dialog geschieht mehr als mit Positionsbezügen. Und es gibt Formen der Kommunikation, die einfach und «volksnah» sind, ohne «populistisch» zu sein.

Populistische und jesuanische Volksnähe

Den Unterschied zwischen «populistisch» und «volksnah» im Sinne Jesu genau zu bestimmen, ist allerdings nicht ganz einfach. Aus der Botschaft und dem Handeln Jesu lassen sich immerhin folgende Hinweise ableiten:

  • während Populismus oft an Ängste appelliert, setzt Jesus auf Vertrauen;
  • während Populismus oft Minderheiten abwertet, setzt Jesus auf die gleiche Würde aller Menschen;
  • während Populismus oft Konflikte verschärft, setzt Jesus auf Versöhnung;
  • während Populisten oft vorgeben, den «kleinen Leuten ohne Stimme» nahe zu sein, in Wirklichkeit aber reich und einflussreich sind, teilt Jesus das Leben der einfachen, mittellosen Leute in Palästina;
  • während Populismus oft eine Welt verspricht, in der die Wünsche nach Sicherheit und Wohlstand erfüllt werden, fordert Jesus die Menschen auf, sich weniger um das eigene Wohlergehen zu sorgen, sondern sich für «Gottes Reich und seine Gerechtigkeit» einzusetzen und mutet ihnen einiges zu.

 

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20. November 2016 | 14:30
von Daniel Kosch
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