NZZ 19.September 2020

Das war nun doch gewaltig. Diese Ausgabe der NZZ war im ersten Bund eingepackt von neun Leitsätzen zum Journalismus, wohl zu dem Journalismus, dem sich die heutigen Macher/innen des Blattes verpflichtet fühlen. Diese Leitsätze sind derart prägnant und ambitioniert, dass sie – und das möchte ich gerne in den kommenden Wochen hier versuchen – durchaus als Programm eines freien, liberalen und (Popper) offenen Denkens verstanden werden können. Ja ich wage zu formieren: auch als Programm einer Theologie und eines grundsätzlichen religiösen Denkens und Argumentierens, wie sie den Ansprüchen der Neuzeit gerecht werden können.

(Ein Einspruch allerdings noch zwischendrin. Was hier formuliert und postuliert wird, deckt sich überhaupt nicht mit einem Teil der Vergangenheit der Zeitung, die hier so forsch definiert. In meiner Erinnerung gab es während Jahrzehnten in den Bünden zwei und drei der NZZ sehr wohl ein von oben – vom Verwaltungsrat und der FDP – verordnetes und nicht offenes, sprich nicht allen Weltanschauungen und gesellschaftlichen Milieus gleich gerecht werdendes, Werten und auch Auswählen der Themen!)

Nun aber zurück zur Begeisterung über die 19.09. Hier sind sie, zunächst nackt und unkommentiert, die neun Leitsätze:

1. Wer die Welt zu einfach malt, vertraut den Menschen nicht.
2. Keine Wahrheit ist unangreifbar.
3. Entschlossen das Angebliche hinterfragen.
4. Das Leben lesen können.
5. Achtung vor den Andersdenkenden.
6. Die eigene Meinung ist antastbar.
7. Erkenntnis beginnt am Ende unserer Komfortzone.
8. Unerschrocken das Unbequeme verhandeln.
9. Niemals das Schöne unterschlagen.

Exegese folgt.