Karin Reinmüller

Lieferkettengesetze – Ein Segen für Unternehmen

Das deutsche Zukunftsinstitut hat sich als Think Tank dem Liefern von «strategischem Wissen für die Wirtschaft von morgen» verschrieben, was es nicht zuletzt mit der Identifikation von Megatrends tut. 12 dieser Treiber der Zukunft hat es ausgemacht, als mächtigster Megatrend unserer Post-Corona-Zeit gilt ihm die Neo-Ökologie, die «unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten» verändert.

Da haben die Kirchen, was ja keine Selbstverständlichkeit ist, die Zeichen der Zeit richtig erkannt, indem sie Initiativen für Lieferkettengesetze in unterschiedlichen Ländern der Welt unterstützen: 233 Bischöfe aus aller Welt haben eine Erklärung unterzeichnet, in der wirksame Gesetze zur Einhaltung grundlegender ökologischer und Menschenrechts-Standards gefordert werden, mit zuverlässigem Zugang zu Gerichten. Dies nicht zuletzt, da mehrere neue Studien zu dem Schluss gekommen sind, dass freiwillige Massnahmen, basierend auf dem guten Willen der Unternehmen, nicht ausreichen.

Die Schweizer Konzernverantwortungsinitiative (in meinen Augen ein etwas unglücklicher Name, da «Konzern» ein negativ besetzter Begriff ist, aber «Unternehmensverantwortungsinitiative» ist ein noch gewaltigeres Wortungetüm) ist also in guter Gesellschaft. Und sie bringt UnternehmerInnen und Angestellte, die sich für die Anliegen grundlegender Menschenrechte und Ökologie einsetzen, in ebenso gute Gesellschaft. Denn bis jetzt stehen Unternehmungen, die nicht zuletzt die katholische Soziallehre ernst nehmen und sich für Gerechtigkeit mit einer vorrangigen Option für die Armen engagieren, häufig in einem Dilemma: Ihre Verantwortungen in ihren Lieferketten wahrzunehmen ist nicht kostenlos und bringt ihnen möglicherweise Wettbewerbsnachteile ein – im Extremfall mit der Konsequenz, dass Angestellte im Inland um ihre Stelle fürchten müssen.

Da hilft der Megatrend – und mit ihm neue, wirksame Gesetze. Denn wenn erst einmal inländische Unternehmungen (und bald weitere Länder) durch Lieferketten-Gesetze reguliert werden, dann sind verantwortlich handelnde Unternehmen nicht länger potenziell im Nachteil. Das Dilemma wird aufgelöst. Ein Beispiel dafür, wie ethisch verantwortetes Unternehmertum auf staatliche Regulation angewiesen ist, wo freiwilliges Handeln nicht genug ist.

Und auch ein Beispiel dafür, dass, entsprechend dem weiteren Megatrend Globalisierung, sich Menschen heute verantwortlich fühlen dafür, unter welchen Bedingungen hergestellt wird, was sie brauchen – egal, wo das geschieht. Ebensowenig, wie anlässlich der Forderung nach Tierschutzstandards für importierte Lebensmittel vor Kolonialismus gewarnt wird, ist dieser Vorwurf angebracht, wenn es um den Schutz von Menschen geht.

Bild: kath.ch, zVg
30. September 2020 | 19:16
von Karin Reinmüller
Lesezeit: ca. 1 Min.
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Ein Gedanke zu „Lieferkettengesetze – Ein Segen für Unternehmen

  • stadler karl sagt:

    Aber es ist letztlich halt doch zweifehaft, ob solche Regularien auf ausschliesslich nationaler Ebene nachhaltige Wirkung zu entfalten vermögen. Die KOVI ist ein guter Ansatz, auf diese dringende Problematik aufmerksam zu machen, zumal einzelne dieser Konzerne in nicht unerheblichem Masse unseren Fiskus alimentieren und damit uns alle. Wir betreiben da ja ein Stück weit ein wenig Hehlerei! Daher ist es auch eine Frage des Anstandes, ob man zur Veränderung solcher Zustände mit einer solchen Initiative etwas beizutragen hilft.
    Aber letztlich wird es wahrscheinlich so sein, dass nur wirksame Instrumente auf internationaler, d.h., auf völkerrechtlicher Ebene, mit denen die Staatengemeinschaft in die Lage versetzt wird, diese auch durchzusetzen und allgemein gültige Standards zu entwickeln, gegenüber solchen Missständen einigermassen Abhilfe schaffen können. Auch eine entpsrechende internationale Gerichtsbarkeit müsste dafür wirksame Mittel und Sanktionen in der Hand haben, um dagegen wirken zu können, auch gegen mächtige Staaten und Unternehmen. Letztlich geht es aber in keinster Weise nur um fehlbare Konzerne, sondern vor allem auch um ein grundlegendes Umdenken in den beroffenen Staaten selber, wo Unheil angerichtet wird. Solange diese nicht bereit sind, wirksame rechtsstaatliche Systeme einzuführen, die es korrupten Seilschaften zumindest erschweren, mit internationalen Unternehmungen auf schädliche Weise zusammenzuarbeiten, wird es sehr schwierig sein, solchen Problemen beizukommen. Persönlich bin ich überzeugt, dass dies für alle Fragen von grenzüberschreitender oder globaler Relevanz gilt, sei dies im Bereich der Ökonomie oder Ökologie.

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