Begegnungen im Park der Villa Borghese, Rom  © Walter Ludin
Walter Ludin

(Keine) Angst vor Fremden

Es geschah vor einigen Tagen: Ich hatte bei uns im Kloster Pikett-Dienst fürs Beichthören. Wer beichten wollte, konnte sich an der Pforte melden. So wurde ich ins Sprechzimmer gerufen. Eine rechte alte Dame hatte sich erkundigt, wer ihre Beichte abnehmen würde. Als sie meinen Namen hörte, wollte sie einen andern Priester. Die Pförtnerin sagte, es wäre sonst niemand verfügbar. Sie könne ja an einem andern Tag wiederkommen.

Sie blieb und ich war – wie es meine Art ist!! – freundlich mit ihr. Bevor sie wegging, traf sie die Pförtnerin, die fragte, wie es ihr ergangen sie: «Gut, sehr gut.»

An diese ausserordentliche Begegnung dachte ich, als mir ein Artikel in die Hände kam über die Angst vor Fremden (Publik-Forum, 12/16): «Wer Angst vor Menschen hat, muss Menschen treffen. So oft, bis klar ist: Ich kann das aushalten.»

Ich möchte es im Hinblick auf unsere Ausländer/Asylatendiskussion anders formulieren: «… ich spüre, der Fremde ist ein Mensch wie ich.» Wie sehr dies zutrifft, zeigt die Tatsache, dass die Angst vor Fremden/Asylsuchenden/Dunkelhäutigen dort am grössten ist, wo selten solche Menschen anzutreffen sind. Dies gilt in so unterschiedlichen Gebieten wie Appenzell oder der ehemaligen DDR!

Es ist sicher auch eine Aufgabe der Kirchen, Begegnungen zu ermöglichen zwischen Einheimischen und «Zugereisten» (wie es in Bayern so schön heisst). Nur: Jene, die am meisten Vorurteile gegenüber Fremden haben, würden da kaum mitmachen ….

Begegnungen im Park der Villa Borghese, Rom © Walter Ludin
16. Juli 2020 | 09:02
von Walter Ludin
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