Heinz Angehrn

Die Reaktion auf die Bedeutungslosigkeit

Krise oder Chance hatte ich geschrieben.

Krise: Wenn wir das als Katastrophe ansehen, wenn wir uns zu bedauern beginnen, wenn wir den alten Zeiten nachtrauern, dann vergessen wir, wie das Christentum ursprünglich begonnen hatte, nämlich als kleine, verspottete und immer wieder auch angefeindete religiöse Gruppe mitten in einem gewaltigen und mächtigen Imperium. Daraus kann man/frau nun eine verheerende Konsequenz ziehen: wir könnten uns neu verkriechen und abkapseln, unsere alten Bräuche pflegen, unsere alte Ideologe nach innen leben, die (wörtlich verstandene) Bibel und die Texte des Lehramts (dito) für nicht hinterfragbar und nicht revidierbar halten und uns so als die einzig Seligen, weil vor Gott Gerechten und Geretteten, sehen. Diese katholische Spielart evangelikalen Lebens und Denkens ist es übrigens, was ich seit Jahren hier «katholikal» nenne, und von dem mir schon vorgehalten wurde, dass der Terminus gar nicht existiere.
(Apropos: Die Geschichte des Schweizer Katholizismus ist hier lehrreich. Nach der Doppel-»Niederlage» im Sonderbundskrieg und damit verbunden der Gründung des Bundesstaates mit den Verfassungen von 1848 und 1874 begaben sich die Katholiken und ihre Partei in ein – so Urs Altermatt – selbst gewähltes Ghetto. Dieses hat uns als «katholisches Milieu» bis in die 60er Jahre hinein geprägt. Doch genützt hat diese Selbstisolierung am Ende nichts, der Abwehrkampf gegen die offene liberale Gesellschaft wurde einfach um Jahrzehnte und Generationen verlängert, und es gingen uns wertvolle kritische Geister für immer verloren.)

Chance: Die entstünde, wenn wir die Parallelität zum frühen Christentum erkennen und uns fragen, was denn der «Zauber des Anfangs» gewesen ist, sprich das exklusiv Neue, das die Botschaft des Rabbi aus Nazareth, seine Ankündigung, dass das Reich Gottes in und mit ihm angebrochen ist, prägte. Nun wenn wir ehrlich sind bzw. wären, wären dies:
– Pazifismus und Armut
– Verzicht auf Macht, Machtstrukturen und Ämterordnungen
– Kritik jeder Verrechtlichung von Religion
– keine Kumpanei mit gesellschaftlich Mächtigen
– dafür Solidarität mit den Randständigen
(Apropos und wieder mal mit Alfred Loisy: «gekommen aber ist die Kirche»)

Ergo?
Zitate dazu:
– «Die Kirche ist noch nicht tief genug gefallen» (Benedikt Lindemann, St.Romuald)
– «Vielleicht muss die Kirche noch mehr zerfallen, damit etwas Neues entstehen kann» (Irene Gassmann, Fahr)

Bildquellen

  • : privat
Cappella di Termine, (Val Carassina)
29. März 2024 | 06:00
von Heinz Angehrn
Lesezeit: ca. 1 Min.
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