Karin Reinmüller

Balancieren mit Bibel und Meister Yoda

Im neuen Jahr soll es in diesem Blog immer mal wieder um Themen gehen, die in für den (katholischen) Sonntagsgottesdienst vorgesehenen biblischen Texte angesprochen werden. Am 5. Januar ist das eine alttestamentliche Lesung über die Weisheit (Jesus Sirach, Kapitel 24). Die steht (übrigens als weibliche Figur, deshalb im Bild Frau Weisheit) für die Anwesenheit Gottes in der Welt. Und für die Fähigkeit, ein «besonnenes» Leben zu führen.

Weise sind Wesen wie Dumbledore oder Meister Yoda, nicht nur klug, nicht nur mitfühlend, sondern vor allem dazu imstande, ihre Gefühle und ihren logischen Verstand miteinander in Balance zu halten. Weil zumindest meine eigenen Gefühle einfach mal da sind und keinerlei Interesse daran zeigen, sich auf Überlegungen meinerseits hin zu verändern (»diese Angst ist irrational, warum geht die nicht endlich weg») ist das gar nicht so einfach. Damit das Balancieren funktioniert, ist es aber nötig, einen kleinen Schritt von meinen Gefühlen zurückzutreten, sie mir etwas von aussen anzuschauen. Sonst wird das nie was mit dem freien Entscheiden, weil ich unweigerlich tue, was mir mein Gefühl auf meiner Nase vortanzt.

Also, tief Luft holen und sich das Gefühl als einen explodierenden Drachen vorstellen – Leute mit weniger blühender Fantasie könnten auch an eine vorbeiziehende Wolke denken – und den kleinen Schritt rückwärts machen (vorher vergewissern, dass der Abgrund nicht etwa hinter mir liegt), der es mir ermöglicht, entweder bewusst zu tun, wozu mir mein Gefühl rät – oder es leise zetern zu lassen und was anderes zu probieren.

Die scheinbar glücklichen Menschen mit dem Vulkanier-Gen, die ohne überwältigende Gefühle verstandes-gesteuert durchs Leben gehen, sollten sich übrigens nicht zu sehr freuen: Zur Weisheit gehört wie gesagt die Balance. Ohne Mitgefühl, mit sich selbst und anderen, klappt das nicht. Also ist angesagt, Gefühle zu üben, sie nicht zu verachten – und vor allem nicht zu befürchten, dass sie einen wie ein hungriges Löwenrudel überfallen, wenn man sie mal loslässt. Die lassen sich schon wieder einfangen, fragen Sie den Emotionsbolzen Ihres Vertrauens (bevorzugt in einem ruhigen Moment).

Der Gag an der Sache: Das ist nicht nur eine Selbstoptimierungs-Methode (sorry liebe ArbeitgeberInnen), sondern vor allem ein Weg, es mit Gott zu tun zu bekommen. Weil die Weisheit, diese Balancierfähigkeit, die heilige Geistin ist – Anwesenheit Gottes. Wenn das keine Motivation ist…

Frau Weisheit (Thomas Rees) balanciert Herz und Ratio aus. Bild: Wikimedia Commons
6. Januar 2020 | 17:30
von Karin Reinmüller
Lesezeit: ca. 1 Min.
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