Karin Reinmüller

Wenn sie doch leuchten dürften!

Wenn Du etwas Gutes tust, dann sorg dafür, dass möglichst viele davon erfahren!

Kommt Ihnen das wie ein christlicher Ratschlag vor? Vermutlich nicht – der klingt eher, als sei er dem Handbuch für angewandten Narzissmus entnommen, als der Bibel. Da steht er aber. Matthäus-Evangelium, Kapitel 5, Vers 16 – die Bergpredigt ist immer wieder für Überraschungen gut.

Zu gewohnt sind wir die scheinbar demütige Bescheidenheits-Haltung, mit der es für jeden neuen höheren kirchlichen Amtsträger zum guten Ton gehört, erstmal zu erklären, dass er viel lieber einfacher Pfarrer geblieben wäre, um dann schweren Herzens die ihm auferlegte Bürde doch auf sich zu nehmen. Freude daran, Verantwortung zu übernehmen, behält man offenbar (so man sie hat) besser für sich.

So ist es auch, wenn im Evangelium (wie diesen Sonntag) vom Salz der Erde und Licht der Welt die Rede ist, viel einfacher, über das Salz zu predigen. Denn das unauffällige Würzmittel eignet sich besser dazu, all diejenigen zu loben, die niemand kennt, aber unverzichtbar sind. Zum Beispiel die Frauen in der Kirche, oder auch ganz allgemein die sogenannten Laien.

Nun ist es so, dass Jesus eindeutig die Armen, Kleinen, Unbeachteten bevorzugt hat, dass sie ihm wichtig waren. Aber nicht etwa dazu, dass sie weiter arm, klein und unbeachtet bleiben, neu mit göttlichem Segen. Nein, leuchten sollen alle, die Gutes tun, beachtet werden sollen sie – sogar mit Aussenwirkung auf Menschen, die ihren Glauben gar nicht teilen!

Wird Zeit, dass wir sie leuchten lassen.

Bild: Gaia Armellin/Unsplash
9. Februar 2020 | 15:44
von Karin Reinmüller
Lesezeit: ca. 1 Min.
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Ein Gedanke zu „Wenn sie doch leuchten dürften!

  • stadler karl sagt:

    Gewiss, einerseits birgt diese Bergpredigt sehr viel Ansprechendes in sich. Aber anderseits wirken gerade diese zentralen christlichen Texte, die Berpredigt oder die Feldrede, sehr verwirrlich. Sie erwecken zwiespältige Gefühle! Einerseits stimmen die Seligpreisungen ein Loblied auf die Schwachen, Randständigen an und spenden ihnen Trost und Hoffnung, anderseits speien sie, implizit zumindest, Gift und Galle. Auch die Feldrede des Lukas ist bestens dazu geeignet, unter die Menschen Zwietracht zu säen. Und bereits die alte Kirche hat denn auch gezeigt, dass diese Lesart vielleicht gar nicht so abwegig erscheint. Der Absolutheitsanspruch, mit dem Jesus als Wanderprediger auftrat (ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben…!?) macht der nicht ein wenig hellhörig? Herrschten in Jerusalem und Athen da offenbar nicht verschiedene kulturelle Paradigmen? Es will scheinen, dass es kaum eine hellenistisch geprägte Denkrichtung gab, angefangen bei der Akademie, über den Peripatos bis hin zur Stoa oder den Epikuräern, die mit derselben Radikalität, aber irgendwie auch Unduldsamkeit aufgetreten wären, obwohl diesen Denkrichtungen die Verzerrungen in den antiken Gesellschaften sehr wohl bewusst waren. Und kaum war die konstantinische Wende vollzogen, kamen traditionell-heidnische Religionsrichtungen im römischen Reich gewaltig unter Druck. Die Codices von Iustinian oder Theodosius legen da beredtes Zeugnis ab. Und dieser Absolutheitsanspruch pflanzte sich doch in der weiteren Geschichte stetig fort. Sind wir wirklich in einer so offenen geistigen Tradition verwurzelt und eingebettet?

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