Anna Di Paolo

Wenn der Stärkere zum Schwächeren wird – When I was younger so much younger then to day...

…I never needed anybody’s help in any way…

Diese Zeile aus dem Beatles-Song «Help» kommt mir spontan in den Sinn, wenn ich die aktuelle Debatte über die AHVPlus – Vorlage verfolge. Da lese ich Schlagzeilen wie: Milliarden auf die Kreditkarten der Jungen  oder Die Jungen sind die Armen .

Diese Behauptungen stimmen mich nachdenklich.

Es war und ist immer noch die Grundidee der Alters- und Hinterbliebenen Vorsorge (AHV), dass die jungen, kräftigen Arbeiter und Arbeiterinnen die Beiträge zahlen, damit die alten und schwachen Menschen ihrer Gegenwart ein gesichertes Einkommen für den letzten Lebensabschnitt haben. Erst mit der Einführung der zweiten und dritten Säule ging es darum, dass der Einzelne für seinen persönlichen letzten Lebensabschnitt spart. Der AHV liegt aber das Solidaritätsprinzip zu Grunde. Und daher finde ich, ja, natürlich zahlen die Jungen für die Alten! Und ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der jungen, verdienenden, AHV-Beiträge bezahlenden Arbeiter und Arbeiterinnen dies eben gerne tun. In der dritten Säule bestimmen sie dann für sich selber, wie sie persönlich noch zusätzlich gebettet sein werden.

Ich erinnere mich noch gut an unseren Lehrer an der Gewerbeschule Langenthal, wie er uns das Giesskannen-Prinzip erklärte. Noch gibt es unter den AHV – Bezüger und -und Bezügerinnen Menschen, die damals dafür kämpften, dass es heute diese Einrichtung gibt in der Schweiz. Sie ist typisch für uns. Wir wollen, dass der Stärkere auf den Schwächeren schaut. Oder nicht?

Heute werden wir durch bessere Hygiene, gesünderen Lebensstiel und guter medizinischer Versorgung älter. Gleichzeitig ist die Vollbeschäftigung in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr gewährleistet gewesen. Beides sind Faktoren, die man von blossem Auge erkennen kann. Wenn nun mehr Bezüger weniger Einzahlern gegenüberstehen kann die Rechnung nicht mehr aufgehen. Die Initiative bietet eine solide Massnahme an, diesen Ausgleich zu erzielen. Sicher kann man sich auf dieser Lösung wiederum nicht ausruhen. Wir dürfen uns dann nicht zurücklehnen und denken, es sei alles im Lot. Aber: wir dürfen auch nicht zu jedem Vorschlag nein sagen. Nur weil der Vorschlag gerade von der «unpassenden Ecke», dem aktuellen politischen Gegner, kommt. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Jungen egal welchen Ausbildungsstandes in den Arbeitsmarkt integriert werden, dass das Rentenalter nicht kontinuierlich erhöht wird, damit wir ja nicht zu früh zu Bezüger und Bezügerinnen werden. Die Anforderungen am Arbeitsplatz haben sich enorm gewandelt. Das Mithalten in der technologischen Welt wird auch in Zukunft viel Energie kosten. Lebensenergie, die wir für einen gesunden und friedlichen letzten Lebensabschnitt benötigen!

Ich frage mal anders herum: Welcher unserer gewählten Parlamentarier und Parlamentarierinnen wird im Alter rein von der AHV-Minimalrente leben müssen? Kaum jemand. Und das ist schon fast ein bisschen zynisch, wenn man bedenkt, dass wir hier und jetzt Altersarmut haben, die wir doch eigentlich 1948 mit in Kraft treten des AHV-Gesetzes bekämpfen wollten.

Warum wird jetzt ein Konflikt heraufbeschwört, den niemand wirklich wollen kann? Jung gegen Alt? Haben diese Jungen die sich da angeblich beschweren wirklich alle keine Grosseltern mehr? Niemand in ihrem Umfeld, der von der Minimalrente der AHV leben sollte, es aber schlicht weg nicht schafft?

Bildquellen

  • AHV-Graffiti | Anna Di Paolo 2017: Bildrechte beim Autor
AHV-Graffiti | Anna Di Paolo 2017
14. September 2016 | 16:10
von Anna Di Paolo
Lesezeit: ca. 2 Min.
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