Philip Steiner

Weihnachten in St. Meinrad

Gerade rechtzeitig für das Weihnachtsfest bin ich mit Father Raymond (im Blog der letzten Woche bereits vorgestellt) und Father Christian (Doktorand an der Catholic University of America) von Washington DC nach St. Meinrad zurückgekehrt. Am 23. Dezember haben wir im Auto in gut 11 Stunden 1100 Kilometer zurückgelegt, was ungefähr der Strecke Einsiedeln-Barcelona entspricht.
Die Weihnachtsfeierlichkeiten in St. Meinrad waren würdig und recht, doch konnten sie mit dem, was ich von Einsiedeln her gewohnt bin, nicht mithalten. Chor, Orchester und barocke Pracht suchte man in St. Meinrad vergebens. Für einmal musste ich also auf Karl Kempters Pastoralmesse (in Einsiedeln liebevoll «Lebkuchenmesse» genannt) und auf den eindrücklichen Weihnachtshymus «Christe redemptor omnium» von P. Basil Breitenbach verzichten – von der Gesellschaft der Einsiedler Mitbrüder und dem traditionellen Besuch meiner Familie am Weihnachtstag natürlich ganz zu schweigen!
Rein äusserlich gesehen scheint es also ein nüchternes Weihnachtsfest in St. Meinrad gewesen zu sein. Doch in dieser Nüchternheit ist etwas vom Geheimnis von Weihnachten aufgestrahlt! Gottes Sohn wurde Mensch in einem Stall, fern von jeglicher Gastlichkeit und Romantik. Nicht ohne Grund singen die Mönche in der Ersten Vesper von Weihnachten den sogenannten Philipperhymus (Phil 2,6-11), der von Entäusserung, Erniedrigung, Gehorsam und Kreuz spricht.
Doch ist das nur die eine Seite der Medaille. Denn von Anfang an steckt in der Entäusserung die Verherrlichung, in der Erniedrigung die Erhöhung, im Gehorsam die Freiheit und im Kreuz die Auferstehung! So gesehen hat auch die Einsiedler Festlichkeit ihren berechtigten Platz und ich freue mich auf das nächste Weihnachtsfest, wenn ich mit den Mitbrüdern in Einsiedeln diese zweite Seite der Medaille zum Leuchten bringen darf!
Ich wünsche allen ein gesegnetes neues Jahr!
fr. Philipp
PS: Die erwähnte Nüchternheit bezieht sich in St. Meinrad ausschliesslich auf den Gottesdienst. Kulinarisch und gesellschaftlich wurde hier ausgiebig gefeiert und etliche Mönche waren bemüht, mir das Exil so angenehm wie möglich zu machen. So schlimm waren die Weihnachtstage in St. Meinrad dann doch wieder nicht…
 

29. Dezember 2012 | 15:48
von Philip Steiner
Lesezeit: ca. 1 Min.
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