Gender-Notausgang
Erich Schweizer

Website mit Notausgang

Ein Notausgang für eine Website? – Ich gebe zu, dass ich ziemlich ratlos gewesen bin, als ich diesen Wunsch an prominenter Stelle im Pflichtenheft für einen neuen Internet-Auftritt gelesen habe.

Natürlich dachte ich zuerst an «Leisure Suit Larry», ein nicht ganz jugendfreies PC-Spiel aus den Anfängen der Computer-Ära, das offenbar oft auch im Büro gespielt wurde und deshalb einen Notausgang besass: Betrat der Chef den Raum, so betätigte der (fast) Ertappte eine Taste und schon zeigte der Bildschirm ein – wenn auch ziemlich dümmliches – Säulendiagramm, das verschleiern sollte, wie hier wertvolle Arbeitszeit vertan wurde.

Wozu um alles in der Welt aber braucht eine anständige Website einen Notausgang, wenn nicht einmal Facebook einen hat?

Die Informationsbeauftragte des Frauenhauses hat es mir einleuchtend erklärt: Wenn die gepeinigte Frau endlich den Mut gefunden hat, sich nach Hilfe umzusehen, sollte doch nicht ausgerechnet die hilfreiche Website Grund für weitere blaue Flecken sein. Sobald also der prügelnde Partner im dümmsten Moment das Zimmer betritt, so sollen sich die entlarvenden Informationen augenblicklich in Luft auflösen, als ob sie sich nie auf dem Bildschirm befunden hätten.

Wow! Es gab sie also wirklich noch, die echten – und lösenswerten! – Probleme im Internet. Ich stand vor zwei davon.

Träges Internet

Erstes Problem: Im Notfall könnte man natürlich einfach den Browser (Internet-Programm) schliessen. Aber das ist zu verdächtig und weckt Argwohn. Also lieber zu einer andern Seite wechseln. Nur: Trotz Glasfaserleitungen mit gigantischen Übertragungsgeschwindigkeiten findet auch modernste Technik immer wieder Gründe für massive Verzögerungen. Wenn ich auf einen Link klicke, reagiert die neue Seite nicht immer sofort. Die bestehenden Informationen bleiben unter Umständen (zu) lange stehen.

Die Lösung: Sobald der Notausgang geöffnet wird, schiebt sich unverzüglich eine neue Seite oder ein neuer Tab über die aktuelle Information und startet eine unverdächtige Website. Dahinter bleibt genügend Zeit, das vorangehende Browserfenster ebenfalls mit unbedenklichem Inhalt zu füllen, und zwar so, dass die Zurück-Funktion des Surfprogramms nicht funktioniert. Für den Anstoss zu dieser Lösung danke ich Chris Coyier (http://css-tricks.com/website-escape) ganz herzlich.

Verräterischer Verlauf

Zweites Problem: Kann man sich darauf verlassen, dass überforderte Partner auch von Computern nichts verstehen? Vielleicht weiss ja der eine oder andere, dass Browser gewissenhaft darüber Buch führen, welche Seiten wir bei unseren Recherchen aufgesucht haben. Dieser als History bezeichnete Surf-Verlauf lässt sich problemlos konsultieren. Deshalb müsste der Notausgang auch da alle Spuren beseitigen – müsste … Aber wo kämen wir hin, wenn jede Website das Recht hätte unser virtuelles Leben zu manipulieren? Die History ist und bleibt tabu.

Lösung: Die Website darf einfach gar keine Spuren im Verlauf hinterlassen. Ein Klick auf einen Link öffnet nicht eine neue Seite, sondern er tauscht nur Informationen auf der bestehenden Seite aus. So erfährt die History nichts von diesem Vorgang. Leider bleibt ein kleines Risiko bestehen. Ich werde hier aber natürlich nicht verraten, wie Fachleute trotz aller Verschleierung eine Spur der verdächtigen Website finden können.

Nun sind Sie bestimmt gespannt, wie das Ganze aussieht und funktioniert. Um auch noch die Suchmaschinen ein wenig zu verwirren, gebe ich Ihnen die Adresse in einem Shortlink, einem gekürzten URL an.

http://goo.gl/lbcJbz

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8. August 2013 | 09:11
von Erich Schweizer
Lesezeit: ca. 2 Min.
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