Karin Reinmüller

Was den innerreligiösen Dialog so schwierig macht

Neulich auf einem Seminar des Katharina-Werks: Ein Referent, selber Christ, berichtet von seinen langjährigen Erfahrungen im interreligiösen Dialog. Beim anschliessenden Mittagessen spreche ich ihn darauf an, dass mir so vorkam, als ob er mit buddhistischen Gläubigen eine deutlich engere Verbindung gefunden hat, als mit muslimischen, obwohl er mit Angehörigen beider Religionen viel Kontakt hatte. Er bestätigt dies und begründet «das liegt wohl daran, dass ich nie muslimischen Sufis begegnet bin». Sein spiritueller Weg sei die Meditation, die auch von den Menschen buddhistischen Glaubens, mit denen er zu tun hatte, gepflegt wird. Unter MuslimInnen wären wohl Sufis diejenigen, deren religiöse Praxis seiner eigenen am ähnlichsten wäre. Und mit denen wäre dann auch der Dialog einfacher als mit Menschen, die nicht nur eine andere Religion haben, sondern vor allem eine ganz andere Weise, ihre Religion zu leben.

Die Situation kenne ich aus dem ökumenischen Dialog. Es ist (glücklicherweise) überhaupt kein Problem, einen gemeinsamen Gottesdienst mit meinen reformierten KollegInnen vorzubereiten und zu halten, wir würden uns vermutlich auch nicht in die Quere kommen, wenn wir Religionsunterricht gemeinsam gestalten würden, weil wir eine so ähnliche Praxis haben. Spannender finde ich allerdings die Gespräche in unserer WG, wo meine MitbewohnerInnen zu recht kleinen christlichen Kirchen gehören, und vor allem ganz anderen! Da ist dann die Frage, bis zu welchem Mass an Charismatik und wörtlichem Bibelverständnis kann ich mitreden, wo muss ich sagen, «nee, da kann ich nicht mitmachen»?

Und richtig interessant wird es, wenn ich mir meine Kontakte zu den Angehörigen meiner eigenen Konfession anschaue – auch unter KatholikInnen gibt es Fraktionen, die kaum miteinander im Dialog sind. Um der bekannten Filterblase zu entgehen habe ich einige FreundInnen auf Facebook, die theologisch und glaubenspraktisch meilenweit von mir entfernt sind (manche Mitlesende fragen sich jetzt, ob sie dazugehören 😉 ), so bleibe ich immerhin bei dem Versuch, ihre Überlegungen zu respektieren. Das Gespräch schwierig macht, aus meiner Sicht, die felsenfeste Überzeugung meiner Mitmenschen, dass ihre Weise, Glauben zu leben, wahrer, besser ist als meine. Bloss – womöglich erleben sie mich umgekehrt ganz genau so, völlig überzeugt von einer Theologie, die sie nicht teilen können. Dann weiter miteinander reden, guten Willen bei der anderen annehmen, auch wenn ich «jemand, die so denkt» den am liebsten absprechen würde – und dabei erkennen, wo die eigenen Grenzlinien sind, die nicht überschreitbar sind, das macht so einen Dialog wertvoll, hoffentlich nicht nur für mich!

 

Dialog ist nicht immer einfach... Quelle: Pixabay, CC0-Lizenz
26. Juli 2018 | 21:11
von Karin Reinmüller
Lesezeit: ca. 2 Min.
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