Philip Steiner

Von den kranken Brüdern

Besonders beeindruckend hier in St. Meinrad sind die Begegnungen mit den alten und kranken Mitbrüdern. Das Kloster verfügt über eine relativ grosse Krankenstation, wo 10 Mönche ihren Lebensabend verbringen und die nötige Pflege erhalten.
Dass auch pflegebedürftige Mönche – wenn immer möglich – im Kloster bleiben, gehört zum benediktinischen Charisma. Zwar hätte sich der heilige Benedikt im 6. Jahrhundert wohl kaum vorstellen können, dass sich das von ihm im 36. Kapitel seiner Regel erwähnte einfache Krankenzimmer zu einer «Seniorenresidenz» verwandeln sollte, doch würde er diese Entwicklung sicherlich begrüssen.
Für den heiligen Benedikt ist der Dienst an den Kranken und Alten eine zutiefst geistliche Angelegenheit. Er schreibt: «Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: Man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus; hat er doch gesagt: «Ich war krank, und ihr habt mich besucht», und: «Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan,» (RB 36,1-3).
Auch wenn ich nicht an der aktiven Pflege der Mitbrüder beteiligt bin, kann ich dennoch etwas Gutes für sie tun: mir Zeit für sie nehmen. Viele von ihnen können die Krankenstation nicht mehr verlassen und haben so nur sehr wenig Kontakt mit der Welt der «Gesunden».
Nach den Besuchen auf der Krankenstation merke ich immer wieder, dass ich durch die Begegnung mindestens ebenso wie die kranken und alten Mitbrüder beschenkt worden bin. Ähnliche Erfahrungen mache ich auch bei den Patientenbesuchen im Spital. Ich staune immer wieder über den inneren Frieden, das Versöhntsein und die grosse Dankbarkeit dieser Menschen. Sie helfen mir durch ihr Lebenszeugnis, achtsamer für Gottes Wirken in uns zu werden und die kleinen Sorgen und Mühen des Alltags im rechten Verhältnis zu sehen.
fr. Philipp
 
Zum Bild: Für die kranken und betagten Mitbrüder ist in St. Meinrad ein ganzer Klostertrakt reserviert: mit eigener Kapelle und separaten Speisesaal – eine Art Kloster im Kloster.

2. März 2013 | 22:22
von Philip Steiner
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