Sparshita sagt Dhanyavad (Danke) nach ihrem Kuchipudi Tanz im Andra Pradesh, Indien
George Francis Xavier

Vielen Dank für diese «Kultur des Dankes»

Als ich das Sonntagsevangelium (Lk 17,11-19) las, zu dem nur einer von zehn Geheilten zu Jesus zurückging um sich zu bedanken, dachte ich über meine eigenen Bemühungen, zu mehr eigener Dankbarkeit nach. Ich meine nicht eine fehlende Grundhaltung von Dankbarkeit in mir, sondern das Ausdrücken von Dankbarkeit durch Worte. Für lange Zeit habe ich die Notwendigkeit «Danke» zu sagen zu wenig beachtet. In Indien sagen wir denjenigen «Danke», die uns fremd sind. All- diejenigen, die wir als Freunde, Verwandte und Gäste kennen, aber auch gegenüber den Arbeitern, denen wir Lohn bezahlen, sprechen wir keinen Dank aus, da wir ihre Engagements als Teil ihrer Pflicht und Verpflichtung uns gegenüber betrachten.

 

Meine Schweizer Mitbrüder haben bei unserem gemeinsamen Besuch in Indien für alles und jedes «Danke» gesagt. Einige Inder haben gewagt, mich zu fragen, ob mit den Mitbrüdern alles in Ordnung sei: «Warum danken sie für alles? Sag ihnen mal, dass wir über ihren Besuch sehr glücklich sind, und sie sich einfach als Gäste wie zuhause fühlen sollen.» In Indien, zu viel «Danke» zu sagen, vermittelt den Indern, dass sich die Gäste nicht wie zu Hause fühlen.

 

Was mich hier in der Schweiz einmal sehr überraschte war, als ich zu meinem Zahnarzt ging. Er sagte «Danke», wie ich den Mund öffnete, «Danke» für das Drehen meines Kopfes nach links, «Danke» wie ich meinen Mund auf seine Aufforderung schloss, «Danke» für mein korrektes Beißen auf das Röntgenschild in meinem Mund und dann auch noch «Danke», dass ich in seine Zahnarztpraxis kam. Ich habe ja nur alles nach seinen Anweisungen getan – außer meinem Besuch in seiner Zahnarztpraxis. Ich war verwirrt.

 

Dies war eine ganz besondere Dank Lektion, die ich in meinem Leben gelernt habe. Seithersage auch ich «Danke» für alles und jedes. Ich verstand, dass ich meinen Dank gegenüber Fremden ausspreche, aber wenn mir meine eigenen Kapuziner Mitbrüder im Kloster «Danke» sagten, fühlte ich mich immer noch fremd. Was ich während rund 18 Jahren in Kapuzinerklöstern in Indien nicht ausübte, begann ich hier in der Schweiz zu tun. Auch wenn Dinge nicht mir persönlich getan wurden, sondern Arbeiten für die Gemeinschaft geleistet werden sprechen wir untereinander ein «Dank Wort» aus. Jeder Bruder hat zwar seine eigenen Aufgaben, zum Beispiel Sakristei Arbeit, Küchendienst, Beichthören, Gartenarbeit, Auftischen, Reinigungsarbeiten, Abwaschdienst, usw. Aber wir sagen einander «Danke» für geleistetes Abarbeiten von uns übertragenen Aufgaben.

 

Es war seltsam für mich «Danke für das Frühstück» zu hören, wenn ich am Morgen Käse, Brot, Butter etc. für das Frühstück fertig aufgestellt hatte. Auch zu Beginn meiner Schweizer Zeit, wenn die Mitbrüder nach dem Gottesdienst mir «Danke» gesagt haben, war es mir ein wenig seltsam. Dann begann ich auch zum Spass für jedes und alles «Danke» auszusprechen. Danke für das Öffnen der Tür, Danke für das Kochen, Danke für eine Mitfahrgelegenheit nach Hause, Danke für das Einschalten des Lichts, Danke für stimmungsvolle Musik, Danke für die tolle Blumenpflege im Garten, Danke für Bügeln der Wäsche, Danke für das Reinigen des Flurs, vielen Dank für alles! Was ich zum Spass angefangen habe, hat mich langsam verändert und belehrt, dass ich respektvoller mein eigenes Leben und das Wirken meiner Mitmenschen beachte und schätze.

 

John Kavanaugh, ein Jesuit, erzählt aus seiner Erfahrung. Vielleicht sei der dankbarste Mensch, von dem er je gehört habe, eine alte Frau in einem Altersheim. Sie hatte eine Krankheit, die ihre verschiedenen Kräfte langsam abklingen liessen. In einem Aufenthaltsraum begegneten die Augen der Frau dem Blick eines Schülers, der jemand anderen Besuchen ging. Der Schüler stockte und ging zur Frau zurück, weil er die ausserordentliche Kraft der Freude in ihren Augen sah. Obwohl sie nicht mehr ihre Arme und Beine bewegen konnte, würde sie sagen: «Ich bin einfach so glücklich und dankbar, dass Gott meinen Hals bewegen lässt.» Als sie nicht mehr ihren Hals bewegen konnte, würde sie sagen: «Ich bin einfach so froh und dankbar, dass ich hören und sehen darf.»  Schließlich hat der junge Schüler die alte Frau gefragt, was passieren würde, wenn sie ihr Augenlicht und ihr Gehör verlieren würde? Es sagte die sanfte Dame, «Ich werde einfach so dankbar sein, dass Sie zu Besuch kommen.»

 

Diese Kultur der Dankbarkeit hat mein Leben einen weiteren positiven Wert gegeben. Ich habe neu gelernt dankbar zu sein, gegenüber allen Wesen und für jede Sekunde die ich auf dieser Erde leben darf. Es ist eine Mahnung an uns, selbstlos und dankbar gegenüber anderen zu sein. Es ist eine Lektion, uns im Leben bewusst zu werden, dass es eine höhere Macht außerhalb jeden von uns gibt; eine Kraft der Liebe, die unser Leben sinnvoll macht; eine Kraft des Sorgens, die uns schützt; eine Kraft der Gnade, die die ganze Welt und die Wesen in der Welt uns und unsere Nächsten wohlfühlen lässt. Dies macht mich jeden Tag demütig und bescheiden. Vielen Dank für diese «Kultur des Dankes».

© 2015, GFX © 2015, GFX
Sparshita sagt Dhanyavad (Danke) nach ihrem Kuchipudi Tanz im Andra Pradesh, Indien | © 2015, GFX
10. Oktober 2016 | 17:06
von George Francis Xavier
Lesezeit: ca. 3 Min.
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