Bruder Klaus und Gefährten

Verantwortung für die Schöpfung

Der heutige Gedenktag des grossen Umbrischen Mystikers Franziskus von Assisi (s. Blog vom 2.10), dem wir den grossartigen Sonnengesang verdanken, und die Erntedankzeit sind Anlass genug, uns das Schöpfungs-Medaillon des Betrachtungsbildes vom Ranft genauer anzusehen.

Es ist im Vergleich mit anderen zeitgenössischen Darstellungen als höchst originell zu bezeichnen. Offensichtlich ist der sechste Schöpfungstag thematisiert, die Erschaffung des Menschen. Mit den Himmelsgestirnen und Tieren sind die vorausgehenden Schöpfungswerke summarisch angedeutet. Abweichend vom gängigen Kanon, der Adam und Eva zeigte, ist hier wohl die Erschaffung der menschlichen Seele dargestellt. Diese ist flankiert von Engeln. Der eine trägt eine Dalmatik und hält Hände und Haupt zum Gebet erhoben, die Begabung für geistige und spirituelle Belange symbolisierend. Der andere Engel schaut geradeaus und ist der sichtbaren Welt zugewandt: er symbolisiert nach derselben klassischen, auf Augustinus zurückgehenden Auffassung die Begabung des Menschen für die praktische, materielle Dimension.

Gott segnet die geschaffene Seele des Menschen buchstäblich auf Augenhöhe: seine und der menschlichen Seele Augen liegen genau auf derselben Linie. Der Mensch ragt aus der Schöpfung heraus: er ist nach dem Bild Gottes geschaffen und als dessen Bundespartner ernst genommen.

Dieser grossartigen Szene aber ist als Werk der Barmherzigkeit die Aufforderung, Hungrige zu speisen, zugeordnet, angedeutet durch Brotlaib, Schinkenkeule und Getränkekanne. Zur Nobilität der menschlichen Berufung gehört die Verantwortung, mit der anvertrauten Schöpfung nachhaltig gerecht umzugehen.

Der Bauer Niklaus hat mit ansehen müssen, wie das Konzept Privatbesitz mehr und mehr die korporativen Nutzung der Natur verdrängte, wie der «Eigennutz» und damit die Gier Überhand nahmen.

Dies ist menschen-unwürdig. Die Meditation über den Schöpferwillen Gottes und die hohe Berufung des Menschen führt zur beklemmenden Frage: wie, um Gottes Willen, kannst du das gelobte Land, in das er dich führte, dein Eigen nennen?

Fr. Peter Spichtig op

Literatur: Stirnimann (1981).

Medaillon Schöpfung aus dem Betrachtungsbild von Bruder Klaus (www.bruderklaus.com)
4. Oktober 2017 | 16:42
von Bruder Klaus und Gefährten
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