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Bettina Flick

«Valerie und der Priester» verabschieden sich

Dieser Tage ist ein spannendes deutsches Projekt zu Ende gegangen: Eine junge nicht-kirchliche Journalistin hat ein Jahr lang einen Priester in seinem Alltag begleitet und darüber in einem Blog berichtet.

https://valerieundderpriester.de/

Es war spannend zu lesen, wie jemand, die bisher fast keine Berührungspunkte zu Kirche und Glauben hatte, Kirche erlebt. Sie, Valerie Schönian sitzt in Gottesdiensten und Anbetungsstunden hinten in der Kirchenbank, begleitet den Priester, Franziskus von Boeselager zu Krankenkommunionen und in Ministranten-Gruppenstunden. Gemeinsam fahren sie zum Weltjugendtag und besuchen seine Eltern. Sie versucht, seine Welt zu verstehen. Wie geht denn Glaube? Was bringt einen Menschen dazu, zölibatär zu leben? Warum gibt es in der katholischen Kirche keine Priesterinnen und wie gehen die Menschen damit um? Er gibt immer wieder Auskunft, weicht keinem Thema aus, bleibt sich selbst treu und gleichzeitig sehr offen der Gesprächspartnerin gegenüber.

Die anfängliche grosse Skepsis der Journalistin wandelt sich langsam. Sie streiten zwar heftig über Themen wie Homosexualität und Rolle der Frau, aber sie bleiben miteinander im Gespräch. In den Artikeln kann man gut nachverfolgen, wie sie sich immer wohler fühlt und immer mehr Achtung bekommt vor dem, was Menschen miteinander im Glauben leben. Sie schliesst die Menschen, die sie in den Pfarreien erlebt, in ihr Herz. Sie versteht, warum der Priester glücklich ist in seinem Beruf. Sie beginnt, in ihrem Freundeskreis die katholische Kirche zu verteidigen. Berührend finde ich, wie sie betende Menschen beschreibt: Da wäre so viel Zärtlichkeit spürbar und die Menschen begännen zu strahlen. Gegen Schluss dieses Jahres versucht sie immer mehr, auch von innen her den Glauben zu verstehen, selbst zu beten. Es gelingt ihr nicht, ganz einzusteigen in den christlichen Glauben. In ihren Schluss-Überlegungen wird klar, dass sie die Menschen vermissen wird, aber nicht die Gottesdienste.

«Kommt und seht!» (Joh 1, 38), dieser Einladung Jesu ist sie gefolgt – auch wenn sie es nicht als eine Einladung Jesu gehört hat, sondern als ein reizvolles Job-Angebot, auf das sie sich beworben hat.

Am Ende stehen Freundschaft, Respekt und Achtung. Sie hat einen guten Freund gefunden, aber nicht zum Glauben.

Es war auch nicht das Ziel des Projektes, das von der deutschen Bischofskonferenz finanziert wurde.

Und doch lässt mich der blog nachdenklich zurück: Glaube hat wohl ganz viel auch mit Gnade zu tun. Glaube wird uns geschenkt und bleibt anderen fremd.

Ich bin dankbar für meinen Glauben und für mein Beheimatet-Sein in dieser Kirche!

Und ich bin sehr dankbar für Menschen wie Valerie Schönian, die zwar nicht von innen her verstehen können, aber so offen und menschenliebend Anteil nehmen und Kirche und Glaube so wohlwollend beschreiben.

 

banner | © valerieundderpriester.de
20. Mai 2017 | 18:25
von Bettina Flick
Lesezeit: ca. 2 Min.
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