Thomas von Aquin und die Seele der Theologie

Die Textvorlage über die Seminare und die Priesterausbildung war 1964 kurz diskutiert worden. Der heutige Text von OT 1 stellt eine der wichtigen Weichenstellungen dar, nämlich für die Verschiedenheit der jeweils regionalen Herausforderungen die Bischofskonferenzen in die Pflicht zu nehmen. Auf diese Weise konnten manche der vorher enthaltenen Themen ausgespart werden.
Auseinandersetzungen entstanden 1965 es um die zu Anfang von OT 4 ausgesagte Bedeutung der Seminare. Der Präsident der indonesischen Bischofskonferenz reklamierte 1965, dieser Satz über die Notwendigkeit der Seminare sei im Text von 1964 nicht enthalten gewesen und ohne Auftrag der Konzilsväter neu formuliert worden. Der Abschnitt stiess bei der Teilabstimmung denn auch auf vermehrte Gegenstimmen. Insbesondere indonesische und lateinamerikanische Bischöfe wollten über alternative Formen nachdenken dürfen. Auch die unterschwellige Zölibatsdiskussion wirkt in die Redaktionsarbeiten hinein. Einige Bischöfe wollten die Festlegung auf die Lehre des Thomas von Aquin strikter fassen und das thomistische philosophische und theologische Lehrgebäude für die Seminarausbildung verpflichtend machen. Schon 1964 hatte Kardinal Ruffini moniert, so [schlecht] sei der Doctor Angelicus seit dem 13. Jahrhundert noch nie behandelt worden. Der Endtext bleibt jedoch dabei, Thomas von Aquin zwar zu erwähnen, dies aber in einem umfassenderen Katalog von wichtigen Perspektiven. Dabei wird ein besonderer Augenmerk auf das Studium der Heiligen Schrift gelegt, «die die Seele der ganzen Theologie sein muss» (OT 16).
Am 28. Oktober 1965 fand die Schlussabstimmung über das Dekret über die Ausbildung der Priester Optatam totius statt; es wurde am selben Tag promulgiert.
(emf; vgl. A 5,224-231; Alois Greiler: Das Konzil und die Seminare. Die Ausbildung der Priester in der Dynamik des Zweiten Vatikanums. Leuven: Peeters, 2003 [Annua nuntia Lovaniensia 48] 262-302)