Beten in der Kapuzinerkirche Stans © GFX, 2019
George Francis Xavier

Sozialleben ohne direkte Sozialpräsenz

«Wir müssen physisch Abstand halten, nicht sozial» sagte Bischof Felix Gmür. Sehr bedenkenswert ist dieser Satz in dieser Zeit. Ehrlich gesagt, vermisse ich ein Sozialleben mit Begegnungen und Austausch. Ein Covid-19 Patient in Indien ist vom siebten Stock eines Spitals durch das Fenster gesprungen und hat sich so getötet. Quarantäne kann sehr belastend sein. Sind wir alle fähig, ohne ein aktives Leben einige Tage oder Monate zu überstehen? Aber, ich muss auch in dieser Einsamkeit einen Weg finden. Neues entsteht erst, wenn wir Krisen haben.

Ich habe selber keine Antwort dafür. Aber ein Film, den ich vor einigen Monaten angeschaut habe, gibt einige einfache Ideen.

Das von Marielle Heller inszenierte Filmbiografie ›Ein schöner Tag in der Nachbarschaft’ wirft Licht auf diese Frage. Tom Hanks porträtiert die geliebte amerikanische Kinderfernsehikone und den gleichzeitigen presbyterianischen Minister Mister Rogers in diesem Film. ›A Beautiful Day in the Neighborhood’ basiert auf der wahren Geschichte einer echten Freundschaft zwischen Fred Rogers und dem Journalisten Tom Junod.

In diesem Film frägt Lloyd, ein Journalist, die Frau von Herrn Rogers, Joanne: «Wie fühlt es sich an, mit einem lebenden Heiligen verheiratet zu sein?»

Joanne antwortet: «Nun, er tut jeden Tag Dinge, die ihm helfen, sich zu erden. Er liest die Heilige Schrift, er schwimmt Runden. Er betet für Menschen mit Namen. Schreibt Briefe – Hunderte! Das tut er, seit ich ihn kennengelernt habe.»

Hier liegt die Lösung. Soziales Leben, wie der Bischof meint, darf oder kann auch ohne physische Präsenz von jemandem verwirklicht werden. Ich habe gerade damit begonnen, Briefe an meine Freunde, Verwandten und all jene zu schreiben, die einfach meinem Herzen nahe stehen. Die ganze Zeit, die ich mit dem Schreiben eines Briefes verbringe, habe ich das Gefühl, mit dieser Person zusammen zu sein. Und es ist für diese Person sehr wichtig zu wissen, dass ich so viel Zeit damit verbringe, persönlich einen Brief mit Tinte und Papier zu schreiben. Und dann zum Briefkasten zu gehen.  In bin dann nicht einsam oder allein.

Es ist eine sehr gute Erfahrung, jeden Tag Personen zu benennen und für sie zu beten. Bevor man ins Bett geht, buchstabiert man einen Namen laut, denkt dann an diese Person und betet für sie. Da ich weit weg von meinem Heimatland lebe und da ich in dieser Zeit keine Möglichkeit habe, mit den Menschen zusammen zu beten, hält mich diese Methode mit ihnen in Kontakt. 

Dies ist nur eine einfache praktische Umsetzung dessen, was Bischof Felix Gmür gesagt hat: «Wir müssen physisch Abstand halten, nicht sozial.»

Bildquellen

  • Beten in der Kapuzinerkirche Stans © GFX, 2019: Bildrechte beim Autor
Beten in der Kapuzinerkirche Stans © GFX, 2019
23. März 2020 | 17:01
von George Francis Xavier
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