Konzilsblogteam

Ringen um eine «pastorale Konstitution» der Kirche

Bis in die letzten Tage des Konzils wurde darum gerungen, ob und unter welcher Voraussetzung man eine pastorale Konstitution der Kirche behaupten und vom Konzil feierlich verabschieden könne. Der Begriff «Konstitution» war bis dahin feierlichen dogmatischen Texten vorbehalten, Texten, die ewig Gültiges definieren und proklamieren wollten. So sollte auch das Verhältnis von Kirche und Welt in dogmatischer Sprache festgefügt (quasi betoniert) werden. Ein pastorales Verständnis der Kirche wäre dann lediglich als zeitbedingte Umsetzung der Dogmatik und nicht als echte Konstitution der Kirche zu verstehen.
Im Hintergrund steht die Frage nach einer philosophischen (naturrechtlichen) Verhältnisbestimmung von Kirche (von kirchlichem Handeln) und Welt – oder ihrer Alternative: einer theologischen Bestimmung der Kirche in der jeweiligen geschichtlichen Situation. Peter Hünermann schreibt dazu:
«Legte man den Akzent auf die philosophisch-naturrechtliche Betrachtung des Menschen und seiner Situation in der Welt, so erscheint die Kirche als die von Gott gestiftete ‹mater et magistra›, welche die gerechte Lehre über die gegebenen Verhältnisse der Menschen vorzulegen hat. Wird die Kirche im heilsgeschichtlichen Sinn gesehen und in der gegebenen historischen Gestalt reflektiert, dann erscheint Kirche als die Gemeinschaft der Gläubigen, welche von ihrer Erlösung und ihrer Hoffnung Zeugnis abgeben, in mannigfaltiger Weise in die gegebene Situation verflochten sind und in vielerlei Hinsicht versagen.
Die letztgenannte Sicht war der traditionellen Schultheologie, damit aber auch einem Grossteil der anwesenden Konzilsväter fremd.»
(ab; A5;449-455,453)

28. November 2015 | 00:03
von Konzilsblogteam
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