Hans Leu

Prophetische Kunst

PB. Steiner hat im CiG (Bilder der Gegenwart, Julie 2017)
lehrreich ueber die Welt-Ausstellung in Kassel :»Documenta»
berichtet; geschichtlich und gegenwaertig. Der Spiegel
(10.06.2017) gab der Ausstellung den Titel «Hier kommt
der Erloeser». Das erinnert mich an den Propheten Zachariah
9.9-19 der proklamiert: «Freue dich, Herz und Seele, dein
Koenig kommt…  siegreich und demuetig…  und Er bewirkt
Frieden.»
Und wir erinnern uns an das Hosianna vom Palm-Sonntag.
Die Ausstellung mag «erloesend» sein, insofern als Kuenst-
ler Propheten und Propheten Kuenstler sind (cf. CiG 17/17).
Zumindest wenn die Kunst jene Wirklichkeit ist, die uns
zum tieferen Nachdenken ueber die Wirklichkeit animiert,
herausfordert – dann ist auch die Documenta 14 «irgendwie
erloesend»:
Ein Beispiel:
Der in New York lebende afrikan. Kuenstler Olu Oguibe
(geb. 1964 in Biafra) hat in Kassel einen Obelisk herrich-
ten lassen mit der Inschrift (in Deutsch, Arabisch, Tuer-
kisch, English) «Ich bin ein Fremdling gewesen – und ihr
habt mich beherbergt». Es wird hier in jedem Fall an die Mattheus Gerichtsrede erinnert, dass Aufnahme von Ge-
fluechteten grundsaetzlich richtig ist und zum Heil der
Welt hinfuehrt – diese Prophezeiung wirkt erloesend.
Ein weiteres Beispiel:
In der Documenta 14 Publication «Dayboote» ist ein Ge-
dicht von Olu Oguibe veroeffentlicht»
«Der Spiegel gleicht einem Fenster
Er gewaehrt uns einen Blick auf den Ort
Von dem wir kommen
Und an den wir nicht zurueckkoennen.
Wir alle sind Reisende
Auf diesem Weg ohne Ende
Zum Umherschweifen verurteilt ohne Rast.»
In meiner freien Uebersetzung wird das Prophetische
spuerbar:
«Da wir uns mit durchblick sehen
entdecken wir den eignen ur-sprung
den wir niemals mehr erreichen.
Wir sind weg-gehende – grundsaetzlich –
nur solang wir gehen, leben wir –
aber unser gehen ist ein ewig suchen –
weil kein ziel uns foerdert –
rastlos verirrt.
Diesem prophet. Einblick in die Wirklichkeit von vielen
Menschen steht die Maske der Verzweiflung zu gesicht:
gehen – ohne anzukommen
anklopfen – und die Tuer wird nicht aufgetan
beten – und es gibt keine Erhoerung
sich anstrengen – und es schaut nichts heraus
lieben – und es gibt keine Vereinigung
fragen – und es gibt keine Antwort
sehen – und es gibt kein Licht
hoeren – und es gibt keinen Laut
leben – und es gibt keine Auferstehung.
Als Kirche proklamieren wir – hinein in diese verweifelte
Situation den Propheten J.v.N (Mt 11.25-30 / 14.Son / A)
«Ich segne Dich Heiliger Gott, Garant von Himmel und
Erde. Du hast Dein Geheimnis geoffenbart jenen, die mit
der Wirklichkeit spielen. Du hast sie alle eingeladen, die
mit der Wirklichkeit nicht zurechtkommen, sich dem Pro-
pheten JvN  zu naehern und seine zuversichtliche Gelassen-
heit zu teilen. Er ladet ein, sein eindeutiges Engagement
seinen schlichten Lebensstil zu leben und von ihm seine
Erfahrung wahrzunehmen, dass im engagiert einfachen
christlichen Lebensstil der Friede, die Fuelle des Lebens
fuer alle, geschenkt wird.»

Kunst: Im Zwielicht der Zeit
25. Juli 2017 | 14:07
von Hans Leu
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!