in & out

Heute im Pfarramt, erhielt ich einen Anruf. Ein Mann meldete sich, er bräuchte eine Bestätigung, dass er aus der Kirche ausgetreten sei.

Für wen oder was er denn diese Bestätigung brauche, fragte ich ihn. Er sei gerade mitten im Umzug in eine neue Gemeinde, diese habe eine Bestätigung verlangt, weil er bei seiner Anmeldung dort gesagt habe, er sei vor Jahren aus der Kirche ausgetreten.

Austrittsgesuche kommen leider häufig über meinen Schreibtisch im Pfarramt. Meist läuft alles schriftlich ab, ohne persönlichen Kontakt. So will es auch ein Bundesgerichtsentscheid der vor einigen Jahren die Rücksprache mit Austrittswilligen verbot.

Häufig sind es vorgefasste Schreiben aus dem Internet oder von Steuerberatungsbüros abgegebene Formulare zum Ausfüllen. Sie sind in einem knappen, fast schon rüden Ton verfasst. Als ginge der Absender davon aus, auf Wiederstand zu stossen. Doch wie gesagt, diesen Wiederstand gibt es nicht (mehr). In den meisten Fällen geht es darum, Steuern zu sparen oder wie man heute sagt, zu optimieren. Das passt prima in den Zeitgeist. Jeder fordert viel vom Staat und ist gleichzeitig nicht mehr bereit, seine Steuern einfach da zu bezahlen wo er wohnt. Wer einen Briefkasten im Kanton Zug hat und im Kanton Bern lebt, so scheint es, zu dem passt auch keine Mitgliedschaft in einer staatlichen Kirche.

Dabei haben wir hier im Kanton Bern das Privileg, in den Kirchgemeinden selber über die Verwendung unserer Steuergelder zu bestimmen. Ein allfälliger Unmut über kirchliche Entwicklungen liesse sich hier als steuerzahlendes Mitglied einer Landeskirche sogar konkreter ausdrücken als über den Austritt. Aber die Kirchgemeindeversammlungen werden jeweils von weniger als 3% der steuerzahlenden Katholiken besucht. Dabei ist auch hier die römisch – katholische Kirche progressiv, da auch Mitglieder ohne Schweizer Staatsbürgerschaft das volle Stimmrecht haben und Zugang zu den gewählten Ämtern.

Es ist immer ein komisches Gefühl, wenn ich diese Gesuche bearbeiten muss. Natürlich wird von uns erwartet, dass wir diese prompt und schnellstmöglich erledigen. Und doch ist mir dabei nicht wohl: mein Lohn wird von der Kirchensteuer bezahlt und dann muss ich meine knapp bemessene Arbeitszeit dafür verwenden, jemanden aus der Steuerzahlpflicht zu entlassen.

Zurück zu meinem Beispiel von heute früh: ich habe abgeklärt und recherchiert. Das Ergebnis war: der Mann ist nie aus der Kirche ausgetreten. Er hat weiterhin die Kirchensteuern bezahlt.

Er reagierte ein wenig perplex, als ich ihm dies mitteilte. Nach einer kleinen Pause sagte er: «Ach wissen Sie, ich glaube sowieso an Gott. Gott ist überall für mich und vor allem in meiner Heimat, da spüre ich ihn am meisten.»

Anna Di Paolo

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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