Terrorismus hat keine Religion

Gestern war am Flughafen wieder einer jener Tage, an denen die Pausen rar und kurz sind, da so viele Menschen reisen wollen und man als Mitarbeiter als wandelnde Informationsstation angesehen wird. In einer jener kurzen Pausen entschloss ich mich, mal wieder das Tagi App aufzumachen und zu sehen, was in der Welt so geschieht. Nachrichten über Terrorismus und Amokläufe zierten die Titelbeiträge und ein Interview mit Präsident Erdogan, in welchem er mit Überzeugung behauptet, dass sein Volk die Todesstrafe wünscht. Artikel mit Schlagzeilen, die mindestens einmal ein Wort wie «Muslim, Islam, islamistisch oder Terror» beinhalteten. Traurig und angewidert wollte ich die App wieder schliessen, als ich auf einen Beitrag über den Zusammenhang von Terror und Amok stiess, in welchem erklärt wird, dass Religion dabei eigentlich kaum eine Rolle spielt. (www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/krank-oder-fanatisch/story/10027347)

Ist dies endlich die Wende? Werden die Nachrichten nun endlich einsehen, dass nicht der Islam, nicht ein Muslim Anschläge verüben, sondern geistig verwirrte und kranke Menschen dies tun? Dass ein Grossteil der Meldungen über islamistischen Terror (ein Ausdruck, bei dem ich jedesmal erschaudere) eigentlich eine Meldung über einen gestörten Menschen ist, der den Islam für seine Zwecke missbraucht?

Muslime am Flughafen – einige Geschichten

Ich weiss es nicht. Doch als ich kurze Zeit später auf dem Weg zum Gate war, sah ich eine saudische Familie, die einem älteren Herrn half, der wohl gestürzt war. Etwas später am Tag war ich in der Nähe der Flughafenkapelle, als ich einen Muslimen sah, der einem anderen Gläubigen (ich vermute einem Christen, obwohl ich dies nicht genau weiss) den Vortritt zur Kapelle liess, obwohl es Zeit für das Mittagsgebet war.

Kurz vor Feierabend bereitete ich am Gate einen Flug vor, als eine Familie zu mir kam, die noch Fragen zu ihrem Weiterflug hatte. Die Mutter war Muslima, trug ein wunderschön verziertes Kopftuch, der Vater war Christ, trug ein kleines Kreuz um den Hals und ihre Kinder, ein eigenes und ein dunkelhäutiges, wohl adoptiertes, Kind, lasen sich gegenseitig aus einem Bilderband vor. Als sie einstiegen, lächelten mir die Kinder zu und grüssten höflich.

Diese wunderbaren Menschen geben mir Hoffnung, dass wir, wenn wir zusammenhalten und über unseren Schatten springen den Terrorismus besiegen können. Diese Geschichten zeigen mir auch, dass ein Miteinander auf jeden Fall möglich ist und dass Vorurteile und die Medien, die mit reisserischen Schlagzeilen Leser anlocken, unserer Gesellschaft nur schädlich sind. Wir müssen lernen, andere zu akzeptieren. Wir müssen lernen, einem Fremden die Hand reichen zu können, ohne uns um seine Religion, Hautfarbe oder Herkunft zu kümmern.

Sarah Münch Cobos

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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