Kirchenleute reparieren Schrott

Das Germeringer Repair Café in Oberbayern war 2013 unter dem Motto «Reparieren statt Wegwerfen» das erste seiner Art im Landkreis. Die ehrenamtlichen Helfer bringen technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und Liebe zum Detail mit. Fast zwei Drittel der vorbeigebrachten Geräte konnten wieder funktionstüchtig gemacht werden. Und es wurden viele Begegnungen geschaffen. 

Was macht man mit einem Stuhl, an dem ein Bein kaputt ist? Mit einem Toaster, der nicht mehr funktioniert? Mit einem Wollpullover mit Mottenlöchern? Wegwerfen? Denkste! Das Germeringer Repair Café hat 2013 Pionierarbeit geleistet: Gegründet von Initianten der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) um Elektroingenieur Gerhard Busch hat sich die Initiative als erste im Landkreis dem Motto «Reparieren statt Wegwerfen» gewidmet. Er hatte zuvor einen Bericht im Fernsehen über ein Repair Café in Berlin gesehen. «Wir wollten etwas tun, was der Stadt zugutekommt», sagte Gerhard Busch zur «Süddeutsche Zeitung». Auch der Bayerische Rundfunk im Auftrag des ARD Mittagsmagazins, der ZDF Länderspiegel und einige Lokalzeitungen berichteten darüber. Damit wird eine Mentalitätsveränderung gefördert. Die trägt dazu bei, mit den begrenzt vorhandenen Ressourcen sinnvoll und ökonomisch umzugehen. Das ist dringend nötig, wenn Menschen für eine nachhaltige Gesellschaft eintreten sollen. Ausserdem vernetzt es Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, die sich gegenseitig helfen. 

Cafébetrieb vorerst eingestellt

Den direkten Kontakt zu den Reparateuren im Gemeindezentrum der evangelischen Freikirche haben die Kunden unter Corona nicht mehr. Sie müssen ihren Reparaturauftrag per E-Mail zuvor anmelden. Dann kommen die Besucher zu Beginn des Repair Cafés und bringen ihre defekten Geräte vorbei und können sie zwei, drei Stunden später wieder abholen. Das gemütliche Kaffeetrinken und Kuchenessen im Gemeindezentrum fällt weg. «Es ist schade, dass wir den Cafébetrieb, der fester Bestandteil unserer Reparatursamstage ist und eine Plattform der Kommunikation und des Austauschs ist, noch nicht wiederaufnehmen können», sagt Gerhard Busch, aber es gehe nicht anders. «Wir müssen unsere zumeist älteren Reparateure schützen.»

Auch Stadträtin repariert

Auch Fereschteh Erschadi-Zimmermann kommt regelmässig ins Gemeindezentrum. Die SPD-Stadträtin ist als Schneiderin für Näharbeiten im Repair Café zuständig, schreibt die «Süddeutsche Zeitung» weiter. An diesem Tag gab es nicht sehr viel zu tun. «Unter Corona reparieren die Menschen Kleidungsstücke wohl viel selber», sagt sie. Im Gemeindezentrum sitzen die Freiwilligen an Tischen und reparieren vornehmlich kleine Elektrogeräte. Eine grosse Bügelmaschine wird erst einmal beiseitegeschoben. Dafür wird der grosse gelbe Rasenmäher bald wieder laufen. Die Velo-Spezialisten sind mit ihrer mobilen Fahrradklinik auch unterwegs und helfen bei den verschiedensten «Wehwehchen». Repariert wird so ziemlich alles im Germeringer Repair Café. «Nur Drucker und Fernseher nehmen wir nicht mehr«, sagt Busch. «Das sind zu komplexe Geräte.» Er führt seit 2013 eine Statistik. In sieben Jahren wurden 1100 Geräte repariert. «Unsere Erfolgsquote beträgt 63 Prozent», verkündet er.

Halbe Million Tonnen Abfall vermieden

Weltweit gibt es über 2000 Repair Cafés. Diese organisieren durchschnittlich einmal pro Monat ein Reparaturtreffen und haben 2019 schätzungsweise 420’000 kg Abfall vermieden. Repair Café ist eine Initiative der Niederländerin Martine Postma, die sich seit 2007 auf verschiedene Arten für Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene einsetzt. Das allererste Repair Café organisierte sie 2009 in Amsterdam. Es erwies sich als ein grosser Erfolg. In Deutschland gibt es bereits über 200 Repair Cafés, die von Kirchen oder Start-ups angeboten werden. In der Schweiz bisher 18. 

Markus Baumgartner

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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