Israel/Palästina: die Bibel als «Besitzurkunde»

(In meinen Unterlagen fand ich einen erschütternden Bericht der jüdischen Journalistin Amira Hass, deren Eltern im Holocaust umkamen. Er erschien vor zwei Jahren in der Zeitschrift «Neue Wege»).

Ein Beispiel: «Moses ben Zion Moskowitz wohnt in einer städtischen Siedlung namens Schilo, die inmitten von Olivenhainen, Weideland und Getreidefeldern eines Dutzend palästinensischer Dörfer errichtet wurde, nordöstlich von Ramallah. Er hatte Lust, Bauer zu werden, auf einem ebenen Landstück neben der Strasse. Aber, oh weh, PalästinenserInnen aus dem Dorf Krayot ›belästigten’ ihn gemäss eigener Aussage und beschwerten sich bei der Polizei, dass er in ihr Land eingedrungen sei. Deshalb verklagte er die Gemeinde Krayot bei einem israelischen Gericht.

Vor Gericht wurde er gefragt, ob er der Besitzer des Landes gewesen sei, als er es zu bebauen begann. Und unser Moses deutete in den Himmel hinauf und sagte: «Auch heute, der Besitzer: oben.» Er wurde wieder gefragt, ob er der Besitzer sei, und er antwortete: «Für mich persönlich ist der Besitzer der heilige Gott.» Dann variierte er ein bisschen und sagte: «Ich bin nicht persönlich der Besitzer, aber das jüdische Volk schon … Das Land gehört dem Volk Israel.» Als er gefragt wurde, wo die Besitzurkunden seien, zeigte er die Bibel.»

Immerhin:   Das israelische Gericht anerkannte Gott nicht als Autorität in Besitzfragen. Die Richterin befahl dem Siedler, das Land zu verlassen. Aber nach zwei Jahren ist Moskowitz immer noch da, bebaut das Land, und das Militär verweigert den PalästinenserInnen den Zutritt zu diesen Feldern – um ›Reibungen’ zu verhindern.

Ich meine:  Gerade religiöse Menschen sollten sich von einem  derart  krassen Missbrauch der Bibel distanzieren.

PS: In einem andern Artikel beschreibt der ebenfalls jüdische Journalist Harry Rosenbaum den Fall eines andern Siedlers. Soeben aus Russland angekommen, besetzte er das Land einer Familie, die schon seit Generationen dort lebte: «Haut ab! Das Land gehört uns Juden. Gott hat es uns gegeben.»

Walter Ludin

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