Demokratie versus Alleinherrschaft

Eine uralte Frage, schon von den Griechen ausdiskutiert, stellt sich gerade heute wieder, wenn wir nur die folgenden zwei recht aktuellen Exempel beobachten:
– das Verhalten des noch amtierenden Präsidenten der USA im gerade laufenden Wahl-Auszählungs-Prozedere
– die Äusserungen sowohl reformorientierter wie konservativer Katholiken/innen, wie es mit unserer Kirche weitergehen soll
die Frage nämlich, welches eine angemessene Organisationsform für menschliche Gemeinschaften ist.

(Einschub I: Ich gestehe, dass ich schon als noch grün hinter den Ohren pubertierender Kantischüler im ersten Jahr fasziniert war, wie unser Geschichtslehrer Ivo Tschirky uns von der Diskussion im alten Griechenland erzählte. Fair war nämlich, dass er bis auf die Anarchie allen möglichen Formen auch Positives abgewinnen konnte und uns an der Diskussion beteiligte. So legte ich mich mit zarten 16 Lenzen auf die Oligarchie als beste Staatsform fest. Ich bin bis heute dieser Meinung geblieben, habe dies aber verfeinert: die Oligarchie der Intelligenzia. Und da ich wegen dieser Idee immer wieder angefeindet wurde, verdeutliche ich mein Konzept: 25 Philosophieprofessoren, 25 Mathematikprofessoren und alle lebenden Friedensnobelpreisträger, halb Männlein, halb Weiblein.)

Die Monarchie wäre an und für sich ja eine gute Sache, da schnell und effizient entschieden werden könnte. Doch meint Monarchie eben Erb-Monarchie, und da könnten sowohl strohdumme als auch moralisch verwerfliche Erstgeborene auftreten. Folglich: Idee gescheitert. Die Demokratie ist, so wird gesagt, die beste aller schlechten Staatsformen. Was ist aber von ihr zu halten, wenn die Mehrheit des Volkes unethische (siehe Minarett-Initiative) oder ökologisch schädliche (bald zu erwarten bei den Initiativen zur Landwirtschaftspolitik) Entscheide fällt? Folglich: Idee samt obiger These fragwürdig. (Nicht zu vergessen, dass einmal über 40% der Deutschen die NSDAP wählten.)

Die katholische Kirche löst das Problem bekanntlich mit einer Gerontokratie der Zölibatären. Viele alte Männer entscheiden, wie es mit ihr weitergehen soll und wählen regelmässig einen aus ihrer Mitte zum seit 1870 Unfehlbaren. Gute Idee, wenn man möglichst nichts ändern will. Schlechte Idee, wenn man an die Zukunft des Christentums denkt. Spannend die Reaktionen, wenn der Gewählte – wie zur Zeit gegeben – sich nicht an die Spielregeln der Jahrhunderte halten will!

(Einschub II: Ja wer sollte jetzt zum neuen Bischof von Chur gewählt werden? Ein Philosoph? Ein Jurist? Ein Charismatiker? Ein Doktrinär? Ich beneide Euch nicht, liebe Wahlmänner. Denkt an die Euch Anvertrauten. Und erinnert Euch der Worte des Religionsgründers: «Bei euch soll es nicht so sein».)

Letzteres gilt übrigens für alle, die höchste Verantwortung tragen. Deshalb zum Ende meine Beurteilung auf einer Skala von +5 zu -5:
Merkel +4 / Schweizer Bundesrat als Kollegialregierung +3 / Macron +1 / Kurz 0 / Johnson alias Theoden -1 / Putin -2 / Orban und Erdogan -4 / Trump -5.

(Einschub III: Lese gerade die gesamten «Songs of ice und fire». Viel zum Thema drin in diesem Epos!)

Heinz Angehrn

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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