Die Kirche hat wenig Einfluss

Bevor ich die Überlegungen meines Blogs vom 11. Oktober weiterführe, dieser Hinweis: Seit einigen Wochen hängt unter dem Fenster unseres Provinzials Josef Haselbach eine KOVI-Flagge. Im Provinzbulletin betont Bruder Josef, er mache keineswegs «in seiner Funktion als Provinzial» Werbung für die Inititative, um seine Mitbrüder zu «vereinnahmen». Doch: «Ich erlaubte mir aber, ein (nicht nur) persönliches Zeichen zu setzen. Ich nehme gern die Formulierung der Schweizer Bischofskonferenz auf, dass sie «die Sorge der Initianten der KVI teilt». Die Initiative ist von den Landeskirchen und vielfältigsten Hilfswerken unterstützt und entspricht ganz der neuen Enzykliken des Papstes, sodass man in diesem Fall gewiss eine Empfehlung für ein Ja abgeben kann.»

Im erwähnten Blog zeigte ich: «Die Stimme der Kirche wurde nicht gehört.» Heute: «Die Religion hat sehr oft einen schlechten Einfluss auf das Verhalten.»

Ein leider höchst aktuelles Beispiel: der Unterstützung angeblich «Bibelfesten» für Trump (die allerdings eher am Abnehmen sind).

Und ein Beispiel, das mir schon vor vielen Jahrzehnten zu denken gab: die Ergebnisse einer sozialpsychologischen Studie, die in den 1960er-Jahren in den USA und in Kanada gemacht wurde. Richard Friedli hat sie zusammengefasst: Rechtgläubige «Christen sind kriegsbereiter in ihren Ansichten als Nichtchristen … Katholiken wünschen Kernwaffen mehr als Protestanten und Protestanten mehr als Glaubenslose.» Erschreckend!

Und 2006 ergab eine Studie des Schweizer Nationalfonds über den Rechtsextremismus: «Es gibt eine Korrelation zwischen Religiosität und Menschenfeindlichkeit.» Da fragt man sich: Wie kann ausgerechnet der Glaube an den menschenfreundlichen Gott zu Menschenfeindlichkeit führen?

Zurück zur Feststellung meines früheren Blogs über die erfolglosen «Einmischungen» der Kirche in die Politik. Die These von Willy Spieler in den «Neuen Wegen»: «Die politische Wirkungslosigkeit der Kirche hat mit Säkularisierung nichts zu tun.» Denn «Die säkularen Milieus stimmen weit mehr mit den kirchlichen Positionen überein als die kirchennahen.»

Wer denkt da nicht an die Politik der bisher (!) sich christlich nennenden CVP. In Sachen Menschenrechte, Bewahrung der Schöpfung usw. setzen sich die Grünen und die Sozialdemokraten weit glaubhafter ein als die CVP.

Willy schreibt prägnant: «Je linker die Befragten sich einsetzen, desto ethischer begründen sie ihre Politik.» Und ich erinnere mich: Als eine Kantonalpartei der CVP über die Waffenausfuhr-Initiative der 1970er-Jahre diskutierte, beklagte der Parteisekretär: «Leider sank in der Diskussion das Niveau, bis hin zur moralischen Ebene.»

Walter Ludin

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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