«Fundamental in der christlichen Botschaft»

Herr Blocher gewährt auch unserem Organ hier gnädigerweise ein Interview; der erste Teil ist soeben erschienen. Wir erfahren nicht viel gewaltig Neues und sind doch irgendwie überrascht. Er erwähnt zwar mehrmals, dass er ja nicht Katholik sei (die Hochzeit seiner Tochter mit einem Katholiken scheint unter den Bedingungen unserer Zeit knapp erträglich, so meint man zu lesen – «aber katholisch werden wir dann doch nicht»), aber diese konfessionellen Bemerkungen sind doch eher peanuts. Spannend wird es bei vier Personalien:

Die damalige Kritik von Weihbischof Peter Henrici an der SVP und die daraus folgende (vom Schreibenden übrigens bis heute geteilte) Auffassung, dass ein Katholik eigentlich nicht SVP wählen könne, hat er nicht überwunden. Pauschal bezeichnet er Henrici als «Heuchler» und bezichtigt ihn der Überheblichkeit, bleibt aber jeden Beweis, sprich ein Gegenargument, schuldig. Eher schwach das.

Aus eher heiterem Himmel kommt dann Blochers Begeisterung für Karl Barth (die aber sofort beim Thema von dessen Haltung zum Kommunismus endet). Er sei ein grosser Theologe gewesen, seine Botschaft sei «grossartig»: dass man Gott nicht glauben müsse, sondern dass dessen Zuwendung schon genüge. Dass wir alle unter Gottes Gnade stehen, das scheint Herr Blocher wichtig. Das tönt furchtbar pauschal, fast etwas wie Herrn Trumps Lieblingswort «great».
Aber natürlich ist das nicht banal. Blocher muss im Pfarrhaus von seinem Vater dieses Gottesbild gehört haben und es prägt ihn. Man beachte – ich will nicht in Details gehen – dass Barth wenig am historischen Jesus interessiert war, dass Inkarnation für ihn primär die «Identifikation Gottes mit den Menschen» bedeutet, uns einen Zugang zum Ewigen, zum Jenseitigen schenke. Eine solche Christologie öffnet – rein für sich gesehen – Tor und Tür zu einem rein individualistischen Verständnis von Religion: Hauptsache ich habe meinen Weg zu ihm, meinen Frieden mit ihm gefunden. Après moi le déluge.

Genau das weitet unseren Blick für Blochers Beurteilung der letzten zwei Päpste. Beeindruckt hat ihn nämlich Benedikt XVI., der «fundamental in der Botschaft» war, der «grosse Wirkung» entfaltet habe. Dem sozial-christlichen Engagement von Papst Franziskus traut er nicht und erkennt diesmal «keine Wirkung». Ich erlaube mir grosszügig schnell zu einer gewagten conclusio zu kommen (wenn ich auch eingestehen muss, dass Ratzingers Abneigung gegenüber der Postmoderne mit Blocher gut gespiegelt wird): Für ein individualistisches Verständnis von Religion, für die Frage, wie ich denn als Einzelner vor Gott genügen kann, ist effektiv der historische Jesus als ein in der Nachfolge der Propheten (G.Fohrer) Stehender, ist auch seine Botschaft vom Anbrechen des Reiches Gottes in Taten der Solidarität und Menschlichkeit, unwesentlich, ja sogar hinderlich.
Darum ist die KVI auch gänzlich unnötig, mischen sich die Kirchen wieder mal in Gottes Heilswirken ein: Auch ein Manager ist schon längst gerecht gemacht, egal was in seinen Minen so alles passiert!

Entschuldigung für den polemischen Schluss. Widerspruch wird entgegengenommen. Schade, dass Karl Barth wohl nicht aus seinem Jenseits reagieren wird.

Heinz Angehrn

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.blogs-kath.ch/fundamental-in-der-christlichen-botschaft/