Trovato

Ausnahmsweise ein rein persönlicher Text, quasi auch ein Zustandsbericht, im Wissen darum, dass auch Menschen aus meiner «alten Welt» hier gelegentlich lesen, verfasst. Darum natürlich auch heute keine Kommentarfunktion (obwohl ich immer noch grüble, ob es denn nun im Alt- oder Neu-Französisch «honi», «honni» oder gar «honny» heisst …)

Also: Wie vermutlich etlichen Menschen bekannt, wohnen wir hier oberhalb Malvaglia in einer 180°-Kurve an der Strasse, die in die beiden Täler Val Malvaglia (comune di Serravalle) und Val Pontirone (comune di Biasca) führt. In den Tessiner Sommerferien (die dauern locker zweieinhalb Monate!) fahren hier tagtäglich Hunderte von Autos hinauf zu den vielen kleinen Sommerdörfchen, wo fast jede Familie seit alter Zeit ein Häuschen hat, tatkräftig unterstützt noch von «zucchin und zucchett», sprich von Deutschschweizern und Menschen aus dem grossen Kanton, die ihren Diesel rauslassen wollen. Das alles ist begleitet von unzähligen Hupgeräuschen, da die Strasse ja nur einspurig ist. Sprich: Eine Sommer-Hölle. Dazu kommt erschwerend, dass es an unserer extremen Südwest-Hanglage am Nachmittag dazu noch übel heiss werden kann. Im Sommer also: Eine gelegentliche lärmige Hitze-Hölle.

Da beschlossen wir schon vor etwa vier Jahren: Auch wir brauchen für den Sommer unsere eigene ruhige Alp. Nach wenig erfreulichem Suchen im Bereich einer langjährigen Miete kann ich nun den Vollzug melden. Ab heute sind wir Besitzer eines einfachen Häuschens (s.Foto) auf 1320 MüM oberhalb von Olivone, im Gebiet des patriziato (Alpgenossenschaft) von Acquila, dem inzwischen eingemeindeten Dorf tief unter uns. Der Blick schweift vom Hausberg des oberen Talbereichs, dem Sosto, bis zur Adula und ihrem immer kleiner werdenden Gletscher. Nachbarn gibt es kaum ausser einer Kuhherde, die sich zwei Mal im Jahr für 15 Tage rings ums Haus aufhält. Die kleine geteerte Strasse unterhalb des Hauses endet nach wenigen hundert Metern im Nichts, trotzdem aber ist das Häuschen mit einem 4×4 direkt anfahrbar. Der Wanderweg, der «sentiero alto» des Tals, führt ebenfalls vorbei, in 25 Minuten sind wir so einerseits beim Ospizio Comperio an der Passstrasse, in einer guten Stunde andrerseits auf der alpe Gorda. Innen ist das Häuschen, auch wenn es über eine gute Sonnenenergie-Versorgung und einen gewaltigen Gaskochherd verfügt, eher bescheiden, und das wird noch viele Monate, wohl Jahre, Arbeit bescheren. Und im Winter? Natürlich unerreichbar, ausser mit Schneeschuhen ab Camperio oder mit (oh Horror) einem Schneemobil.

Heinz Angehrn

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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