40 Jahre später

Gerne setze ich den letzten Blog aus biographischer Sicht noch etwas fort. Beginnen wir mit dem – je nach Optik – berüchtigten oder berühmten Zitat:

«Wer jung ist und nicht links, hat kein Herz; wer alt ist und immer noch links, hat kein Hirn.»

So einfach war und ist es nicht. Das Misstrauen gegenüber linken Ansätzen von Gesellschaftsbeschreibung und politischem Handeln wurzelte eigentlich tiefer, schon früh in der Gymnasialzeit. So beschäftigten wir uns im Englisch-Unterricht recht intensiv mit der damaligen Politik der Labour-Party. Im Gesamt der westeuropäischen Linksparteien war sie (anders als etwa die Brandt- und Schmidt-SPD in Deutschland) noch richtig in Hardliner-Manier aufgestellt und zettelte grosse gewerkschaftliche Streiks an. Aus meiner (teilweise unserer, aufgrund der Diskussionen im Klassenverband) Optik handelte es sich dabei um eine stark rückwärts gewandte Haltung, die den «alten» (nicht zu heroisierenden) Zeiten etwa im Kohlebergbau nachtrauerte. Für immer geblieben ist mir etwa die absurde Forderung der trade unions, dass trotz der Elektrifizierung des Schienennetzes auf jeder Lokomotive noch ein Heizer anwesend und angestellt sein müsse! Erlebnisse in meinen Ausland-Semestern in München (nebst den vielen schönen im Münchner Opernhaus, etwa mit den Damen Nilsson, Gruberova und Behrens oder den Herren Domingo, Fischer-Dieskau und Kollo) zeigten mir den unsinnig aggressiven Protest der linken Studentenschaft gegen einen sinnvollen akademischen Lehrbetrieb (es sei eingestanden, dass ich die Hetz-Reden des Herrn Franz-Josef Strauss als entgegengesetzt unsinnig aggressiv empfand) und stimmten mich misstrauisch.

Ab der Zeit der «Opernhaus-Krawalle» überprüfte ich darum die Ansätze der Politik der Schweizer Linken und kam zu zwiespältigen Ergebnissen. Auch hier zeigte (und zeigt) sich eine zu grosse Abhängigkeit von den Gewerkschaften, andrerseits war sie seitens des grossen Bürger-Blocks FDP-CVP-SVP mindestens bis zur Wende von 1989 ungerechtfertigt stigmatisiert. Der Fichen-Skandal und das blöde Argument, doch einfach «Moskau retour» zu lösen, stimmten mich noch lange anhänglich.

Doch nach 1990 kam dann die extreme Haltung der SP in der Frage der Fristenlösung (kaum eine Stimme dagegen am Parteitag) hinzu, und da wusste ich, dass diese Partei mir definitiv keine «soziale Heimat» mehr bieten konnte. So war ich heimatlos und schwankte irgendwo zwischen SP, GP und CSP. Zurück in den Rachen der St.Galler CVP, die für mich für immer mit Namen wie Edgar Oehler und Jakob Schönenberger verbunden ist – undenkbar. Annäherung an den grünen Flügel der FDP – denkbar (ich verdankte der früh verstorbenen FDP-Kantonsrätin und Heilsarmeeoffzierin Heidi Seiler viel, sie unterstütze mich als fast Einzige in meinem Kampf um die militärische Aushebung).

Und so kommt es, dass ich heute mit mittlerem Feuer die Politik der GLP unterstütze,mit der ich in einer rechten Vielzahl der Ansätze und Thesen einig gehe.

Heinz Angehrn

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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