Warum ein Gottesdienst kein Theater ist

Apostelgeschichte, immer noch dran in den Sonntagslesungen. Diesmal aus Kapitel 8, eine erstaunliche Geschichte von Menschen, die zwar getauft sind, aber noch nicht den Heiligen Geist haben. Um den weiterzugeben, fehlt dem Missionar Philippus anscheinend die Autorität, es müssen extra zwei Höhergestellte aus Jerusalem zwecks Geistübertragung per Handauflegung anreisen. Hm. Zum Glück enthält dieselbe Apostelgeschichte auch eine Episode (Kap. 10), in der sich derselbe Geist an Menschen verschenkt, die noch nichtmal getauft sind, sondern sich einfach von einer Predigt begeistern (genau!) lassen.

Berechenbarkeit gehört offenbar nicht zu den Kernkompetenzen Gottes. Kreativität schon eher: Getrieben vom Wunsch nach Beziehung zu Menschen tut der Geist, was jeweils dafür nötig ist. Wenn sich in meiner Spiritualität in den vergangenen Monaten etwas verändert hat, dann das: Ich bin hungriger geworden. Hungriger nach Beziehung zu einem Gott, der in seiner ganzen Un-Vorhersagbarkeit immer gut ist. Und meistens anders.

Ich vermute, dieser Hunger ist es, der mich wütend macht, wenn ich lese, dass Gottesdienste «angemessen» mit «anderen kulturellen Veranstaltungen wie Theater, Konzerte, Lesungen» vergleichbar wären. (Simon Spengler, https://www.zhkath.ch/ueber-uns/news-medien/online-kommunikation-soziale-medien/newsletter-vom-15-mai/view ) Völlig unabhängig von aktuellen Gottesdienstdiskussionsorg.. – na ja, lassen wir das, auch unabhängig davon, dass Kirchen keine Supermärkte oder Restaurants sind: In einem Gottesdienst geht es nicht um ein kulturelles Erlebnis, sondern darum, es mit Gott zu tun zu bekommen. Und diejenigen, die (wie ich berufsbedingt häufig) vorne stehen, sind weder Schauspielerin noch Erste Geige, und schon gar nicht Wirt, sondern Gottsuchende, wie alle, die da sind. Der am wenigsten hinkende Vergleich wäre für mich, dass ein Gottesdienst so etwas ist wie die letzte Woche hier erwähnte Tischlein-Abgabastelle – wo man bekommt, was man braucht, auch wer kein Geld hat, kann kommen.

Weil Gott kreativ ist in seiner Beziehungs-Suche zweifle ich nicht daran, dass es Menschen gibt, die es in einer Theateraufführung oder Lesung mit ihm zu tun bekommen haben, oder auch im Fussballstadion. Ich mag ihn bloss nicht nur dort suchen.

Karin Reinmüller

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.blogs-kath.ch/warum-ein-gottesdienst-kein-theater-ist/