Katholische Wurzeln beim neuen UBS-Chef

Im Herbst wird der Niederländer Ralph Hamers CEO eines der grössten und wichtigsten Unternehmen in der Schweiz: Er wechselt von der Grossbank ING zur UBS. Er gilt als der digitalste CEO der europäischen Bankenszene. Interessant sind vor allem auch seine Wurzeln.

Ralph Hamers wurde mit 46 Jahren jüngster CEO der ING-Geschichte. Jeroen van der Veer, damals Präsident von ING, imponierte nicht nur die klare Vision von Ralph Hamers: «Er kann auch sehr gut zuhören – und seine Ideen exzellent erklären. Deshalb folgen ihm die Mitarbeiter.» Er studierte Ökonometrie und zahlte das Studium zum Grossteil selbst. Da ging es vor allem um Statistik und Algorithmen. Er sei «einfach ein guter Kerl», schreibt die holländische Wochenzeitung «Elsevier Weekblad». Er gilt als bodenständig und ist für seine Reden bekannt – sogar die eigenen Mitarbeiter schauen sich seine Videos an. Beim Ausbruch der Pandemie und dem Rückzug ins Homeoffice hatte er noch seine Mitarbeiter informiert: «Selbst wenn die meisten von euch jetzt entfernt sind von den Kollegen, so bleibt bitte in Kontakt und gebt euch die notwendige Unterstützung. Wir bleiben eine enge, orange Familie, ob wir im gleichen Büro arbeiten oder nicht», schreibt die «Bilanz».

Kein «fliegender Holländer»

Betroffen ist der 53-Jährige nicht nur als Chef von 54’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern auch als Familienvater: Die beiden Kinder – es sind Zwillinge – leben zwar nicht mehr daheim. Doch während die Tochter als Psychologiestudentin in Amsterdam nahe bei den Eltern ist, studiert der Sohn Finance in den USA, schreibt die «Bilanz» weiter. Er ist kein «fliegender Holländer», weil der umweltfreundliche Bankchef bewusst auf das Fliegen verzichtet, wenn immer es geht. Die britische Zeitung «Financial Times» kürte ihn zum Google-Banker unter den europäischen Bankchefs. In seiner fast siebenjährigen Amtszeit erarbeitete sich Hamers eine Digitalisierungs-Prämie: Der Kurs der ING-Aktie stieg bis zum Corona-Crash mehr als 20%, die UBS-Aktie fiel in der gleichen Zeit um 35%. 2017 wurde Hamers zum «European Banker of the Year» gekürt.

Wurzeln prägen

Vorgezeichnet war die Bankkarriere von Ralph Hamers nicht: Er stammt aus einfachen Verhältnissen. Geboren wird er in der Klostergemeinde Simpelveld im Süden der Niederlande. Der Vater arbeitet erst bei den staatlichen Minen, dann in der Wasserwirtschaft, die Mutter ist Hausfrau. Eine Besonderheit hat die Region: Der katholische Süden des Landes war eine Minderheit. Das förderte den Zusammenhalt. Die Eltern waren gläubig und er genoss eine katholische Erziehung, die ihn laut eigenem Bekunden stark prägte. Immer noch arbeite er nach den christlichen Grundsätzen, die er damals gelernt habe, sagte Hamers einmal. Sein Bruder Frank ist Geschäftsführer der Diözese des Bistums Roermond und nach dem frühen Tod der Eltern seine Vertrauensperson: Er sei sein «Kompass», sagte Hamers in einem Interview: «Um im Auge zu behalten, was wirklich wichtig ist im Leben.»

Kraft der Vergebung

Zwar trägt er seinen Glauben nicht nach aussen: «Dass er gläubiger Katholik ist, war in der Firma nie ein Thema», betont ein langjähriger Verwaltungsrat in der «Bilanz». Doch wie wichtig ihm der Glaube ist, zeigen seine regelmässigen Kirchenbesuche: Trotz der vielen Reisen schafft er es noch ein bis zwei Mal pro Monat in den Gottesdienst. Er habe sich für die Finanzindustrie geschämt, deklarierte er etwa offen nach den Exzessen der Finanzkrise: «Banker dürfen nie grösser als die Gesellschaft sein – sie müssen der Gesellschaft dienen.» Der Glaube beeinflusst auch seinen Führungsstil: «Ich vertraue meinen Mitarbeitern von Anfang an, sie müssen sich mein Vertrauen nicht verdienen. Aber es ist ihre Verantwortung, es nicht zu verlieren.» Dazu zählt auch die Kraft der Vergebung: «Ich gebe Menschen immer eine zweite Chance. Alle machen Fehler, auch ich.»

Markus Baumgartner

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