Ein universales Konzil?!

In den vergangenen Jahren kam auf dem Konzilsblog immer wieder der gebürtige Basler Lukas Vischer  zu Wort, der als «nichtkatholischer Beobachter» bald zu einem wichtigen «nichtkatholischen Akteur» des Konzils wurde. Da er beim Abschluss des Konzils erst 39 Jahre alt war, konnte er in diesem Sinn auch ein Beobachter bzw. Akteur der Konzilsrezeption bzw. der Konzilsgeschichtsschreibung werden. Im letzten Band der Alberigo-Geschichte charakterisiert er in einer meisterhaften Zusammenschau das II. Vaticanum als «Ereignis der ökumenischen Bewegung» (A 5, 559-618). In der Tat prägte das II. Vaticanum Leben und Denken des reformierten Ökumenikers.
Nach dem Ende des Konzils formulierte er in der für ihn so typischen Form der Fragereihe ein Anliegen, das er zeitlebens vertreten sollte: «Die ökumenische Bewegung liess eine Saite zum Klingen bringen, die lange Zeit stillegelegen hatte. Hatten die orthodoxen Kirchen nicht immer von der Bedeutung der universalen Konzile für die ungeteilte Einheit der Alten Kirche gesprochen? Hatten sie nicht immer die eine Kirche als konziliare Kirche dargestellt? Wurde aber dieses Verständnis der Kirche in den orthodoxen Kirchen mehr zelebriert als in Wirklichkeit gelebt? War die Zeit nicht gekommen, es wiederum lebendig werden zu lassen? Hatten die Reformatoren nicht alle zu einem Konzil der gesamten Christenheit aufgerufen, um gemeinsam Klarheit über die Wahrheit zu gewinnen? Der Ruf verhallte, und der Gedanke eines universalen Konzils trat im Bewusstsein der protestantischen Kirchen immer mehr zurück. Wir wussten über Konzile schliesslich kaum mehr zu sagen, als dass sie irren könnten. War aber nicht jetzt die Zeit gekommen, den Ruf der Reformatoren zu erneuern und sich selbst auf seine Erfüllung vorzubereiten? Und befindet sich nun nicht auch die Römisch-katholische Kirche in einer ähnlichen Situation? Sie hat die konziliare Tradition nie verloren. Die Entfaltung des römischen Primates hat aber die Bedeutung der Konzile immer mehr in den Hintergrund treten lassen. Das Zweite Vatikanische Konzil stellte in dieser Hinsicht einen höchst unerwarteten Durchbruch dar. Die Römisch-katholische Kirche steht nun vor der Frage, wie der weitere konziliare Vorgang zu konzipieren sei. Steckt in dieser Konvergenz des Fragens nicht tatsächlich eine Gelegenheit, die gemeinsam erfasst werden muss?» (Fortsetzung folgt).
(mq; für die Nachweise vgl. Michael Quisinsky, Ökumenische Perspektiven auf Konzil und Konziliarität. Lukas Vischer und die Vision eines «universalen Konzils», in: Cath(M) 66 (2012), 241-253; ders., Lukas Vischer als «nichtkatholischer Beobachter» von Konzilsereignis, Konzilsrezeption und Konzilshistoriographie, in: Münchener Theologische Zeitschrift 63 (2012), 308-326)
 
 

Konzilsblogteam

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