Vertrauensvoll beten

Wie sollen wir beten?
(Ich wollte meine Predigt vom vergangenen Sonntag nicht in den Blog nehmen, da ich einen grossen Vorrat von Themen habe. Da sie auf grosses Interesse stiess, poste ich sie heute mit etwas Verspätung.)

«Allein den Betern kann es noch gelingen.» Heute noch, nach mehr als 80 Jahren, wird hie und da an dieses Wort des deutschen Dichters Reinhold Schneider erinnert. Zur Zeit der Nazis, als die Lage hoffnungslos war, vertraute er darauf: Gott kann Rettung schenken.

Auch in unserem Alltag hört man manchmal ein ähnliches Wort wie jenes von Reinhold Schneider, nämlich: Hier hilft nur noch beten.

Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass Jesus selber uns zum Beten ermutigt hat. Im heutigen Evangelium lädt er uns eindringlich zu einem vertrauensvollen Gebet ein. Aber sollen wir beten? Ich möchte mit Ihnen über diese Frage  nachdenken.

Wenn wir beten, wissen wir meistens ganz genau, um was wir beten wollen. Hier fängt das Problem an. Unsere Einsichten sind beschränkt. Ganz banal: Im Nachhinein können wir manchmal merken, dass wir das  Falsche erbetetet haben. Es gibt dazu eine schöne Legende:

Auf einem Bauernhof, der irgendwo am Rande der Wildnis liegt, haut ein sehr wertvolles Pferd ab. Die Bauernfamilie ist sehr unglücklich. Aber der alte Bauer meint: «Ob das für uns schlecht ist oder nicht: wer weiss?»   Und tatsächlich: Nach einiger Zeit kommt das Pferd zurück, im Schlepptau einige wilde Pferde, die der Bauer zähmen kann. Also ein Gewinn für ihn? Wir kennen ihn ja schon ein bisschen und sind nicht erstaunt, wenn er sagt: »Ob das für uns gut ist: wer weiss?»

Dann geschieht das Unglück: Der Bauernsohn bricht sich beim Zureiten der wilden Pferde ein Bein. Wir wissen jetzt, dass sein Vater sich weigert, zu behaupten, dass dies wirklich schlecht ist. Und tatsächlich: Bald beginnt ein Krieg und alle wehrfähigen Männer werden eingezogen und kommen bald um. Nur der verunfallte Bauernsohn muss nicht in den Krieg und überlebt.

Um zu unserer Frage zurückzukommen, ob wir immer um das Richtige beten. Hätte die Familie um sofortige Genesung des Sohnes gebetet und wäre erhört worden, hätte dies wegen des Krieges ein schlimmes Ende genommen. Die Moral der Geschichte: Seien wir Gott nicht böse, wenn er uns nicht immer das gibt, worum wir beten. Wir dürfen annehmen, dass er besser weiss, was für uns gut ist.

Unter diesem Vorbehalt dürfen wir Gott ruhig unsere Bitten vortragen – so wie Jesus uns dazu ermutigt. Wenn wir auf unser Leben zurückblicken, dürfen hoffentlich wir alle uns erinnern: Das Gebet hat geholfen, zum Beispiel bei der Überwindung einer schweren Krankheit oder bei andern Nöten.

Es gibt dazu ganz überraschende Beispiele. Eines davon stammt aus unserer Nähe. Ein Altersheim, das von einem Orden geführt wird, kam in finanzielle Schwierigkeiten. Man besprach die unerfreuliche Situation an der Vorstandssitzung des Heims. Da stand einer der Ordensmänner auf – den ich übrigens gut kannte. Nach einer Viertelstunde kam er zurück. Es sei in der Kapelle gewesen und habe um Hilfe gebetet. Als er auf  dem Rückweg und beim Empfang vorbei ging, wurde ihm ein Couvert überreicht, das genau die Summe enthielt, die dem Heim gefehlt hat. Leider werden Gebete nicht immer so rasch erhört …

Wir sollen vertrauensvoll beten. Dazu ruft uns Jesus mit deutlichen Worten auf. Dazu zwei kurze, eher humoristische Hinweise:

– Ein Pfarrer rief zu einer Prozession auf, bei der um Regen gebet wurde. Er lud  die  Gläubigen ein, den Regenschirm nicht zu vergessen.

– Fast ein Gegenbeispiel: Ein frommer Mann erinnerte sich an das Wort Jesu, wir könnten durch vertrauensvolles Gebet Berge versetzen. Weil ihn der Hügel vor seinem Fenster störte, beschloss er, eine Nacht lang am Fenster zu sitzen und zu beten, dass der Hügel weg ging. Beim Morgengrauen stand dieser immer noch da. Der Mann gestand: «Ich habe es ja gewusst, dass es nicht funktioniert.» Ja, vertrauensvoll beten geht anders ….

Kommen wir zum Schluss. Ich möchte noch eine Bemerkung anfügen, die mir sehr wichtig ist. Nämlich: Beten darf nicht ein Ersatz für unser Tun sein. Konkret: Wie glaubhaft wäre es, wenn wir beten würde: «Herr, gib den Hungernden zu essen» aber nichts gegen den Hunger unternehmen würden? Da könnte uns passieren was  den Jüngern passiert ist, als sie  um  ein Brotwunder baten und dann von Jesus aufgefordert wurden: «Gebt ihr ihnen zu essen.»

Richtig beten würde hier heissen: «Gott, gib uns die Kraft, etwas gegen den Hunger und das Elend der Welt zu tun» – auch wenn wir damit nicht alle Probleme lösen können.

Ebikon Franziskuskapelle Sa 17 Uhr; Pfarreiheim So 9.30; Buchrain Kirche So 10.45

Walter Ludin

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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