Der Störpriester

Der Muttenzer Priester René Hügin bietet Hausgottesdienste an. Nicht etwa, um neue Kirchenmitglieder zu gewinnen. Er will den Sonntag zurückerobern. Damit die Leute wieder Gott begegnen, statt den Tag des Herrn mit Profanem zu verplanen. 

René Hügin, 62, ist oft allein. Das liegt an seinem Beruf, oder vielmehr an seiner Berufung: Als geweihter katholischer Priester ist es ihm schlicht nicht erlaubt, eine Familie zu gründen. Manchmal sitzt Hügin einfach so da, in seinem Pfarrhaus in Muttenz. Er lässt geschehen. Und ist. Er sei zwar allein, sagt Hügin, aber nicht einsam. Es muss in so einem Moment gewesen sein, als ihm die Idee kam, schreibt die «Basler Zeitung». Hügin hatte festgestellt, dass sich viele Christen vom Gottesdienst entfremdeten. Vom heiligen Sonntag. Dem kleinen Osterfest. Der Feier des Lebens. Der Begegnung mit Gott.

«Mit Profanem verplant»

«Es gibt Menschen, die sind zwischen Firmung und Trauung nicht ein einziges Mal in einem Gottesdienst gewesen», sagt Hügin. Man wisse schlicht nicht mehr, worum es am Sonntag geht. «Der Tag des Herrn wird mit Profanem verplant.» Er liesse sich kaum mehr vom Samstag oder Montag unterscheiden. «Der Sonntag hat seine religiöse Bedeutung krass verloren.» Das beschäftigt Hügin. So sehr, dass er bereit ist, neue Wege zu gehen, um das zu ändern. In einem Eintrag in «Kirche heute», dem katholischen Pfarrblatt, unterbreitet er «ein (vielleicht) ungewöhnliches Angebot», wie er es bezeichnet: «Gerne möchte ich all jenen einen Hausgottesdienst anbieten, die einen neuen Zugang finden möchten. Ich komme zu Ihnen nach Hause. In aller Einfachheit setzen wir uns um den Tisch und feiern die Schlichtheit und die Schönheit unseres Glaubens.» Wie ein Störkoch, den man zur Unterstützung in der Küche mieten kann, geht Hügin auf Hausbesuch. Ein Störpriester.

Hügin geht aus Überzeugung zu den Menschen. «Es geht mir darum, dass die Menschen wieder entdecken, worum es im Gottesdienst geht, im Miteinander, in der Tiefe. Wo die Kraftquelle zu finden ist. Ich möchte einen Zugang schaffen, in einer ganz einfachen Form. Es geht ums Feiern und darum, das Geheimnis geschehen zu lassen, wenn man Gott begegnet.»

«Liturgie ist nicht Arbeit»

Doch was kostet ein Besuch Hügins? «Nichts.» Dann gilt das Angebot nur für Kirchenmitglieder, die Steuern bezahlen? «Nein, ich gehe gerne auch zu Ausgetretenen.» Aber die Arbeit? «Eine Liturgie ist für mich nicht Arbeit.» Ist es überhaupt richtig, den Gottesdienst nicht in der Gemeinschaft, sondern im Privaten zu feiern? «Hausgottesdienste sind etwas Urchristliches. In der Anfangszeit gab es noch keine Kirchen. Und es geht mir ja hier ums Sensibilisieren, nicht um etwas Regelmässiges.» Aber ist dieses Angebot in der katholischen Hierarchie überhaupt erwünscht? «Papst Franziskus sagt, wir müssen rausgehen zu den Menschen. Das mache ich. Ich hole sie dort ab, wo sie sind, und das ist daheim.»

Herzlich, Markus Baumgartner

Markus Baumgartner

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