Der Weg zur Sekte ist vorgezeichnet – «Die Tagespost»

Vor einiger Zeit habe ich hier mitgeteilt, dass ich – aufgrund von hier in anderen Blogs und in der Korrespondenz dazu bereits mitgeteilten Gründen – das freundliche Angebot der deutschen «Katholischen Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur» für fünf Gratisnummern wahrgenommen habe und mich hier dazu äussern werde. Nun: Die Frist ist abgelaufen und bei mir machte sich etwa nach Nummer 3 von 5 eine Mischung von leichter Langweile und tiefer Trauer breit, die auch jetzt geblieben ist.

Leichte Langeweile: Es ist nicht etwa so, dass die «Tagespost» nicht breit aufgestellt ist und aus verschiedenen Ressorts berichtet, aber der Gesamteindruck bleibt von Nummer zu Nummer der gleiche. Hier befinden sich anständige Intellektuelle in einem permanenten Rückzugsgefecht mit der für sie verstörend wirkenden Welt der Postmoderne. Fast jedes Thema wird von immer der gleichen Seite ausgeleuchtet, die Damen und Herren sind auf der Suche nach immer neuen Anzeichen von Dekadenz und Untergang des ihnen so wichtigen «christlichen Milieus» des europäischen Abendlandes. Dass sie dies dann noch am Hauptbeispiel der ecclesia semper reformanda vornehmen, irritiert, ja verstört.
Anders gesagt: Es fehlt fast der ganzen Redaktion am Mut zum Diskurs und zum ständig neuen geistigen Aufbruch, der etwa zurzeit in vielen Beiträgen zum 90.Geburtstag von Jürgen Habermas gelobt wird. Schade, liebe Leute: Es lohnt nicht, Euern ständigen Trauergesang zu lesen. Da ist mir jede Ausgabe von «Neue Wege» lieber, obwohl ich mit geistigen Linkschaoten nichts mehr am Hut habe…

Tiefe Trauer: Aus dieser oben beschriebenen Grundhaltung heraus wird von Nummer zu Nummer der dringliche Wunsch der Verantwortlichen und Schreibenden dieses Blattes sichtbar, dass sich die katholische Weltkirche möglichst bald zur Kleinkirche entwickeln möge, die nur noch von den wahrhaft Gläubigen (dieser Glaube bezieht sich dann übrigens nicht etwa auf das Neue Testament, sondern auf den Denzinger und den Kodex!) getragen und gebildet wird. Dem sage ich seit über zehn Jahren: Zur katholikalen Sekte, die sich dem Dialog mit Wissenschaft und Philosophie der Neuzeit bewusst verweigert und die Sündenfälle sowohl der Französischen Revolution wie der geistigen Aufklärung im Gefolge des Zweiten Vatikanums und der 60er Jahre generell intern rückgängig machen will. Nichts zeigt das übrigens besser als die erst kürzliche Reaktion des Blatts auf Maria 2.0. Diese bewusste Weigerung zu akzeptieren, dass unsere Kirche wahrhaft «reformanda» ist, ist schlechthin peinlich. Aber eben: Es gilt das oben Gesagte, von Habermas haben die wohl noch nie gehört.

 

Heinz Angehrn

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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